Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Die Abgeordneten des Bundestags sind verpflichtet, nach Reisen, die sie als Einzelne für ihren jeweiligen Fachausschuss durchführen (Einzeldienstreisen), dem Bundestagspräsidenten sowie dem Ausschuss einen Bericht über die Reise vorzulegen. Nachfolgend Andrej Hunkos Bericht zur Reise für den EU-Ausschuss nach Madrid zur Plan-B-Konferenz (19.-21.02.2016):

Am 20. und 21.02.16 nahm ich auf Einladung des Committee for the Abolition of Third World Debt (CADTM) an der Konferenz „Plan B for Europe“ in Madrid teil.

Die Konferenz steht in einer Reihe von mehreren Konferenzen die sich angesichts der Unterwerfung der griechischen Regierung im vergangenen Sommer kritische Gedanken über die Zukunft der EU macht. Dazu gehört die „Plan B“-Konferenz in Paris, die vom französischen Präsidentschaftskandidaten Jean-Luc Mélenchon geprägt wurde sowie die Gründung von DiEM25 (Democracy in Europe Movement 2025) in Berlin, die maßgeblich durch den ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis geprägt wurde. Die Konferenz in Madrid fand großes Interesse und war thematisch breiter aufgestellt als die vorangegangenen Konferenzen. 

Insbesondere die vielfältigen sozialen Bewegungen Spaniens waren sichtbar vertreten. Aber auch Abgeordnete aus vielen europäischen Ländern nahmen teil.

Ich sehe die Konferenz als internationalen Verständigungsprozess von linken Parteien und sozialen Bewegungen, um europäische Alternativen zur neoliberalen und zunehmend autoritäreren Entwicklung der EU zu formulieren. In den nächsten Monaten wird sich dieser Prozess insbesondere in Berlin und Kopenhagen fortsetzen.

In meinem Beitrag zur Konferenz im Rahmen des Podiums „How to handle public debt from an anti-austerity perspective” konnte ich meine Erfahrungen und die Debatten aus dem EU-Ausschuss einbringen und die europapolitischen Positionen der Fraktion DIE LINKE vorstellen. Zentrales Thema des Podiums war das Schulden-Audit, also die öffentliche Überprüfung der Staatsschulden. Ich wies darauf hin, dass Schulden immer auch privater Reichtum gegenübersteht und es ein gesamteuropäischer Ansatz sein sollte, Schulden durch eine gerechte Steuerpolitik auszugleichen.

Neben der Teilnahme an der Konferenz konnte ich an beiden Konferenztagen zahlreiche Gespräche führen, von denen ich hier die wichtigsten aufführen möchte:

Miguel Urbán Crespo (MdEP, GUE-NGL, Podemos) ging in unserem Gespräch davon aus, dass die Regierungsbildung in Spanien scheitern wird. Er rechnet mit Neuwahlen und geht davon aus, dass Podemos aus diesen gestärkt hervorgehen wird.

Mit Fabio de Masi (MdEP, GUE-NGL, DIE LINKE) tauschte ich mich über die aktuellen europapolitischen Debatten im Europaparlament und im Bundestag aus, insbesondere im Blick auf die auf der Konferenz aufgeworfenen Themen und zur Frage der Positionierung zum bevorstehenden Brexit-Referendum in Großbritannien.

Zoi Konstantopoulou (ehem. Präsidentin des griechischen Parlaments) möchte das unter ihrer Parlamentspräsidentschaft eingeführte Konzept des Schulden-Audits weiterentwickeln und vorantreiben.

Auch im Gespräch mit Eric Touissant (CADTM) war das Schulden-Audit zentrales Thema. Er betonte vor allem, dass die Syriza-Regierung in Griechenland zwischen Januar und Juli 2015 Alternativen gehabt hätte, die zu einer Nichtanerkennung eines Teils der Schulden geführt hätten. Z. B. durch Verzicht auf die Zahlung einzelner Tranchen an die Gläubiger.

Im Gespräch mit dem Generalsekretär des „Global Justice Network“ (Großbritannien), Nick Deardon, waren vor allem der EU-Gipfel mit dem britischen Premierminister David Cameron im Februar Thema, bei dem es um den „Brexit“ und die britischen Forderungen nach EU-Reformen ging. Deardon vertritt die linke „Stay In“-Kampagne, die sich gegen einen Austritt Großbritanniens aus der EU positioniert und sucht Kontakt mit Vertreter/innen aus Kontinentaleuropa die in Großbritannien auftreten möchten.

Roger Rashi aus Kanada vertritt die 2007 gegründete Partei Québec solidaire, die zunehmend an Einfluss gewinnt. Québec solidaire tritt für ein von Kanada unabhängiges Québec ein und zeigt großes Interesse an linken europapolitischen Positionen. Als Mitorganisatorin des Weltsozialforums, das Anfang August in Kanada stattfindet wird, zeigte sich Rashi auch sehr interessiert an Kontakten zu europäischen Abgeordneten aus den linken Oppositionsparteien.

Für Sonntag geplante Treffen mit den Europaabgeordneten Javier Couso Permuy (Izquierda Unida) und Lola Sánchez Caldentey (Podemos) konnten leider nicht realisiert werden.

Der Abschlussbericht der Konferenz ist unter folgendem Link zu finden:

http://planbeuropa.es/wp-content/uploads/2016/02/Resumen-Ejecutivo-1-1.pdf

Hier finden Sie den vollständigen Bericht im PDF-Format.

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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