Persönliche Erklärung von Andrej Hunko, Fraktion DIE LINKE, nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu dem von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. Februar 2012 zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus:

Mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wollen 17 Länder der Eurozone eine neue Finanzinstitution gründen, die Staaten und Banken in finanziellen Notsituationen mit Milliardenkrediten helfen soll.  Er soll eine Ausleihkapazität von 500 Mrd. Euro bekommen, während sich die Unterzeichner für insgesamt 700 Mrd. Euro haftbar machen. Der deutsche Anteil beläuft sich auf 21,7 Mrd. Euro, die binnen fünf Jahren eingezahlt werden müssen und 168,3 Mrd. Euro, für die Deutschland haftet. Ich lehne den ESM aus den folgenden Gründen ab:

  1. Die Risiken, die den Steuerzahler/innen durch den ESM aufgebürdet werden sind gigantisch: Der Anteil des deutschen Haftungsanteils in Höhe von insgesamt 190 Mrd. Euro entspricht etwa zwei Dritteln des Bundeshaushaltes. Das Stammkapital von anfänglich 700 Mrd. Euro kann darüber hinaus jederzeit durch einen Beschluss des Gouverneursrats und der Zustimmung die Mitgliedsländer ausgeweitet werden.
  2. Die so genannten Hilfsgelder, die der ESM in Zukunft auszahlen soll, kommen nicht der Bevölkerung zugute, sondern werden für Zins- und Tilgungszahlungen der Staaten an Banken und andere Gläubiger verwendet werden. An keiner Stelle sind in dem Vertrag Klauseln vorgesehen, die die Empfänger der Hilfsgelder dazu verpflichten, soziale Standards einzuhalten. Der ESM ist also ein weiteres Instrument zur Bankenrettung – und nicht zur Unterstützung der Menschen.
  3. Beantragt ein Land Gelder aus dem ESM, so muss es den undemokratischen und unsozialen Fiskalpakt ratifiziert haben und sich zu rigiden Auflagen verpflichten, die von der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und „nach Möglichkeit“ dem Internationalen Währungsfonds (IWF) diktiert werden (Artikel 13.3). Die dramatischen Folgen dieses Spardiktats können wir aktuell in Griechenland beobachten.
  4. Beim ESM ist keine parlamentarische Kontrolle vorgesehen. Während in dem Vertrag explizit begrüßt wird, Vertreter/innen des IWF einzuladen, werden Vertreter/innen der Parlamente ausgeschlossen. Die Entscheidungen des ESM werden durch den Gouverneursrat allein durch die Exekutive getroffen, eine effektive parlamentarische Kontrolle ist dadurch unmöglich.
  5. Dem ESM wird volle Immunität gegenüber Gerichten und Parlamenten zugesichert, während alle Mitarbeiter/innen der Schweigepflicht unterliegen. Dadurch wird eine öffentliche Kontrolle der Entscheidungen des ESM verunmöglicht.
  6. Genauso wie der Fiskalpakt, ist im ESM-Vertrag keine Kündigungsmöglichkeit für einzelne Vertragspartner vorgesehen. Dem ESM soll damit ebenfalls eine Ewigkeitsgarantie gegeben werden, die demokratischen Grundsätzen hohnspricht.

Andrej Hunko, 29.06.2012

 

Hier finden Sie die Anträge der Linksfraktion zur Ablehnung Fiskalpakt und ESM: