Von Matthias Monroy
Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat sich nunmehr auf einen Typ einer zukünftigen Kampfdrohne festgelegt. Geplant ist, „drei bis fünf“ der von Israel Aerospace Industries (IAI) hergestellte „Heron“ in ihrer neuesten Baureihe „TP“ zu im Leasingverfahren beschaffen. Die Kosten hierfür könnten 600 Millionen Euro betragen. Zuvor wurden im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) drei „Lösungskonzepte zur Realisierung einer Nachfolgelösung“ erstellt und bewertet.
Es handelt sich bei der Auswahlentscheidung zunächst um eine „Überbrückungslösung“ von bis zu zehn Jahren. Bis dahin plant die Bundesregierung die Entwicklung einer „europäischen Lösung“ für bewaffnungsfähigen Drohnen. Nach mehreren Anläufen haben sich die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Italiens auf eine Vorstudie für eine solche Drohne der MALE-Klasse (Medium Altitude Long Endurance) geeinigt. Der Auftrag für diese erste Studie eines „multilateralen Drohnenprojekts“ ging an die Rüstungsunternehmen Airbus, Dassault Aviation und Alenia Aermacchi. Mittlerweile ist auch Spanien dem Projekt beigetreten.
Laut dem Wehrbeauftragten des Bundestages wirke sich die Wahl der „Heron-TP“ günstig auf die Pläne für eine „europäische Drohne“ aus. Eine Entscheidung für die „Predator“ hätte „das europäische Projekt unwahrscheinlicher werden lassen“. Perspektivisch will die Bundeswehr bis zu 16 bewaffnungsfähige Drohnen kaufen.
„Lösungskonzept 1“ sei laut dem Verteidigungsministerium das Vorgängermodell „Heron 1“ gewesen, „Lösungskonzept 2“ das US-amerikanische System „Predator B“ (nicht „Predator CPB“). Das Verteidigungsministerium hatte dem Modell „MQ-9 Predator B“ Schwierigkeiten bei der Zulassung für den deutschen Luftraum attestiert. General Atomics hat deshalb mit der Entwicklung einer Baureihe „Certifiable Predator B“ (CPB) für europäische Märkte begonnen. Ein deutscher Foreign Military Sales-Vorgang für die „Predator B“ war daraufhin gestoppt worden. Das Modell CPB soll ab 2017 in Serie produziert werden und hat kaum etwas mit der „Predator B“ gemein. Mehrere in den USA gefertigte elektronische Bauteile wurden durch europäische Geräte ersetzt, um dadurch das Zulassungsverfahren zu erleichtern. Hierzu gehört etwa die Funkverbindung, wozu die CPB nunmehr mit einem abhörsicheren und von der NATO zertifizierten Funkgerät der Firma Rohde & Schwarz ausgestattet ist.
Das deutsche Verteidigungsministerium bemängelt seit Jahren die strikten Regelungen der US-Regierung zur Herausgabe wesentlicher Dokumente, die für Zulassungsverfahren der „Predator“ gebraucht würden. Die israelische Regierung sei demnach freigiebiger. Seit 2011 reisten die Wehrtechnische Dienststelle 61 und das Luftfahrtamt der Bundeswehr mehrmals für eine „Besprechung zur Zulassbarkeit“ mehrmals nach Israel. An einer „firmeninternen“ Prüfung war auch der Rüstungskonzern Airbus (damals EADS) beteiligt. Airbus fungiert für die israelischen Drohnen als deutscher Contractor.
Drei unbewaffnete Drohnen des Typs „Heron 1“ werden schon jetzt von der Bundeswehr im Einsatzgeschwader Masar-i Scharif in Afghanistan eingesetzt. Das Verteidigungsministerium hat hierfür einen Leasing-Vertrag mit der Militärsparte des Airbus-Konzerns abgeschlossen. Airbus hat seinerseits vier Drohnen von IAI erworben, von denen eine als Reserve vorgehalten wird.
Die Bundeswehr will nun mit den Vertragsverhandlungen zur Ausgestaltung des Leasings beginnen. Es ist unklar, inwiefern auch die alten Leasingverträge für die „Heron 1“ verlängert würden. Die neuen Drohnen würden in Israel stationiert, das Taktische Luftwaffengeschwader 51 im schleswig-holsteinischen Jagel sei der „Heimatverband“, ein dortiger Militärflugplatz ist bereits entsprechend umgerüstet worden. Wie bisher finde die Ausbildung in Israel und simulatorgestützt in Jagel statt. Diese „einfache Umstellung von Personal und Logistik von Heron 1 zu Heron TP“ erweise sich nun als Vorteil.
Die Auswahlentscheidung für die „Überbrückungslösung“ ist an weitere Auflagen zur Zulassung und Waffenintegration geknüpft. Vorteile fänden sich bei einer skalierbaren Bewaffnung und einem „Backup Landesystem“. Zudem habe der Hersteller eine frühere Verfügbarkeit der „Heron TP“ zugesagt. Die „Predator“ wäre demnach erst bis zu eineinhalb Jahre später für die Bundeswehr verfügbar gewesen. Daher werde die „Predator“ womöglich als Option „erneut betrachtet, wenn die vorgenannten Auflagen der Auswahlentscheidung nicht erfüllt werden“.
Zeitgleich mit der Auswahlentscheidung kündigte die Verteidigungsministerin Pläne für einen Drohneneinsatz in Mali an. Für eine „Aufklärungsmission“ würden zunächst vorhandene LUNA-Drohnen eingesetzt, für die Überwachung „längerer Strecken in dem riesigen westafrikanischen Land“ seien aber größere Drohnen nötig. Bereits im Herbst dieses Jahres könnten hierfür „Heron“-Drohnen im malischen Luftraum fliegen. Verhandlungen dazu seien bereits im Gange.
Vor der Beschaffung von Kampfdrohnen hatte die Bundesregierung eine „gesellschaftliche Debatte“ versprochen. Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU hieß es in 2013, die Bundesregierung wolle alle mit Kampfdrohnen im Zusammenhang stehenden völker- und verfassungsrechtlichen, sicherheitspolitischen und ethischen Fragen „sorgfältig prüfen“. Die Prüfung wurde jedoch im Kern auf eine mehrstündige Anhörung im Bundestag eingedampft, deren Ergebnis selbst vom Bundestag als „weiterhin umstritten“ zusammengefasst wurde. Kurz darauf wurde die „gesellschaftliche Debatte“ für beendet erklärt.
Die Auswahl einer „konkreten technischen Lösung“ zur Bewaffnung werde aber erst nach der Auswahlentscheidung des Generalinspekteurs für die „Überbrückungslösung“ erfolgen. Laut dem Verteidigungsministerium sollen diese mit „angetriebenen und nicht angetriebenen Luft-Boden-Effektoren“ ausgerüstet werden. Auch Zielbeleuchtungsgeräte sollten montiert werden können. Gemeint sind Systeme, mit denen Ziele per Laser markiert werden um sie dann mit anderen Flugzeugen oder Drohnen zu bombardieren.
Auch die anvisierte „europäische Drohne“ wird Waffen tragen. Zu den Anforderungen heißt es, die Drohne solle über Aufhängepunkte für „Luft-Boden-Lenkflugkörper und Präzisionsbewaffnung“ verfügen. Die Waffen werden vage als „Effektortypen“ bezeichnet, früher sprach die Bundesregierung auch von „Wirkmitteln“. Die Frage nach „Effektortypen“ werde im Verlauf der Studie der drei Rüstungskonzerne behandelt, Ergebnisse flössen in das vorläufige Systemdesign ein. Das Parlament soll dann über die Bewaffnung entscheiden.