DPoGu69XcAEhlm1Auf Initiative der deutschen und der französischen Regierung wollen die G5-Sahel-Staaten Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad eine Ausbildungsstätte für Führungskräfte der inneren Sicherheit einrichten. Sie soll mit Unterstützung der Europäischen Union eine „gemeinsame Einsatztruppe“ („Force Conjointe“, FC-G5S) von Militär, Gendarmerie und Polizei der G5-Staaten ausbilden, um neben Gruppen wie al-Qaida im Maghreb, Jamaat al-Nasr al-Islam oder Ansar al-Dine auch die irreguläre, unkontrollierte Migration über die Landgrenzen in Richtung Libyen und die Europäische Union zu verhindern. Damit setzen Deutschland und Frankreich das bereits in den Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Juni 2017 genannte „Sahel Security College“, das „unter umfassender Koordinierung mit anderen damit zusammenhängenden Aktivitäten vor Ort“ errichtet und gefördert werden soll, um. Weitere Einzelheiten sowie die verschiedenen militärischen und zivilen Partner werden in einem Optionenpapier des Auswärtigen Dienstes benannt.

Im April hat der Sicherheitsrat der Afrikanischen Union (AU) die Schaffung der „gemeinsamen Einsatztruppe“ bestätigt, im Juni folgte der UN-Sicherheitsrat mit einer entsprechenden Resolution. Die Truppe startete daraufhin offiziell im Juli. Ihre politische Kontrolle obliegt den Präsidenten der G5-Sahel-Staaten, die durch den malischen Staatspräsident repräsentiert werden. Das „allgemeine Hauptquartier“ liegt im zentralmalischen Sévaré. Für die militärische Leitung ist ein gemeinsamer Befehlshaber sowie ein „Integrated Coordination Hub“ geplant. Die Verantwortung für die einzelnen Elemente der „gemeinsamen Einsatztruppe“ liegt bei den jeweiligen Verteidigungs- beziehungsweise Innenministerien der fünf Länder (Sektorhauptquartier West im mauretanischen N'Beikat Al Ahouach, Sektorhauptquartier Zentrum im nigrischen Niamey, Sektorhauptquartier Ost im tschadischen Wour). 

Bekämpfung von „Schleusern und Menschenhändlern“

Der Aufbau der „gemeinsamen Einsatztruppe“ der G5-Staaten beruht auf einer zwischenstaatlichen Vereinbarung der beteiligten fünf Länder. Die Einsatzregion soll in der ersten Phase die Grenzgebiete Mali/Mauretanien, Mali/Burkina Faso/Niger, Niger/Tschad umfassen und könnte später ausgeweitet werden. Als Operationsgebiet sind Korridore von jeweils 50 km zu jeder Seite der Grenze in den Grenzregionen vorgesehen. Die „gemeinsame Einsatztruppe“ soll dort laut dem Auswärtigen Amt unter anderem „Aktivitäten von Schleusern und Menschenhändlern erschweren“ und durch „Stärkung der Staatlichkeit im Operationsgebiet“ auch die Bedingungen zur Rückkehr von Flüchtlingen ermöglichen. Hierzu soll die „gemeinsame Einsatztruppe“ bestimmte Regionen militärisch besetzen und sichern. Unter dem Namen „HAW BI” haben mehrere Hundert Militärs aus Mali, Niger und Burkina Faso im Grenzgebiet der drei Länder eine erste Mission gestartet. Außer der Kontrolle von Grenzregionen soll die „HAW BI“ auch humanitäre Hilfe bzw. Entwicklungshilfe beinhalten.

Schon jetzt haben die Vereinten Nationen rund 12.000 SoldatInnen in der G5-Region stationiert, Frankreich in der „Operation Barkane“ 4.000 und die USA rund 800. Die bisherigen Planungen der „gemeinsamen Einsatztruppe“ sehen eine zusätzliche Truppenstärke von bis zu 10.000 Personen vor. Derzeit besteht die neue Einheit aus rund der Hälfte des angestrebten Personals (Burkina Faso: 550 Soldat/innen, 100 Polizist/innen und Gendarm/innen; Mali: 1.100 Soldat/innen, 200 Polizist/innen und Gendarm/innen; Mauretanien: 550 Soldat/innen, 100 Polizist/innen und Gendarm/innen; Niger: 1.100 Soldat/innen, 200 Polizist/innen und Gendarm/innen; Tschad: 550 Soldat/innen, 100 Polizist/innen und Gendarm/innen. Hinzu kommen 450 Personen für Hauptquartier und Logistik. 

Offizielle Führung durch Afrikanische Union 

Insgesamt gehen die G5-Sahel-Staaten von einem Gesamtbedarf von 423 Mio. Euro für die „gemeinsame Einsatztruppe“ aus. Die Einheit wird von der Europäischen Union mit 50 Mio. Euro aus Mitteln der Friedensfazilität für Afrika finanziert. Das Geld fließt an Expertise France, die französische Agentur für internationale technische Zusammenarbeit. Eigentlich dürfen aus EU-Geldern keine militärischen Einheiten anderer Länder bezahlt werden. Allerdings ist die Friedensfazilität für Afrika das einzige Instrument der EU, aus dem afrikanische Missionen finanziert werden können, wenn diese unter Führung der Afrikanischen Union stehen. Die finanzielle Unterstützung wurde deshalb vom Ministerrat der G5-Sahel-Staaten am 5. Juni 2017 als eine von der AU autorisierte Mission bei der Europäischen Kommission beantragt. Die AU hat die EU anschließend formal um Umsetzung der Bitte gebeten. 

Auch die Regierung der USA hat Medienberichten zufolge 60 Mio. Dollar zugesagt. Allerdings macht Präsident Trump zur Bedingung, dass es keine Mission der Vereinten Nationen in der Sahel-Region geben soll. Die USA kontern damit einen Vorschlag Frankreichs, wonach die VN entweder finanzielle, logistische oder sogar militärische Unterstützung leisten sollten. Zuvor hatte der VN-Generalsekretär Antonio Guterres vier Optionen für weitere Beiträge der Organisation dargelegt, darunter ein Büro für die Sahel-Region oder die Nutzung von Ressourcen der VN-Mission in Mali.

Die „gemeinsame Einsatztruppe“ wird von den EU-Missionen EUTM Mali, EUCAP Sahel Mali und EUCAP Sahel Niger unterstützt. Diese erhalten hierbei Hilfe von der Polizeiagentur Europol sowie der Grenzagentur der Europäischen Union. Das Operationsgebiet der Truppe befindet sich teilweise auch in der Region der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), in der die Bundesregierung derzeit drei Maßnahmen zum Grenzmanagement unterstützt („Integriertes Management von Grenzräumen in Burkina Faso“, „Grenzmanagement in Afrika“, „Polizeiprogramm Afrika“). Damit könnten sich Interessenkonflikte mit der ECOWAS ergeben, die in einigen Ländern der Sahel-Region eigentlich „stolz darauf“ ist, ähnlich wie im europäischen Schengen-Gebiet die Grenzkontrollen teilweise aufzuheben.

Lastwagen aus Deutschland, Hubschrauber aus Frankreich

Mehrere EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Italien, Slowenien, Österreich, Spanien, Dänemark und die Tschechischen Republik) wollen die „gemeinsame Einsatztruppe“ mit Ausrüstung und Ausbildungsmaßnahmen bilateral unterstützen. Weitere Maßnahmen haben die Regierungen Deutschlands und Frankreichs angekündigt. Zur „Schleuserbekämpfung sowie der Schaffung von Erwerbsalternativen zum Migrationsgeschäft“ hat die Bundesministerin der Verteidigung aus Mitteln der „Ertüchtigungsinitiative“ gekaufte Ausrüstungshilfe (Pickups, Motorräder) an den nigrischen Verteidigungsminister und an den Innenminister übergeben. Eine Auslieferung von Lastkraftwagen soll nach laufender Planung im Jahre 2017 beginnen und Ende März 2018 abgeschlossen sein. Frankreich liefert Hangars für ebenfalls von Frankreich im Jahr 2019 bereitgestellte Hubschrauber, ein Stationierungskonzept liegt hierzu jedoch nicht vor. Im Niger hat Frankreich außerdem fünf Drohnen vom Typ „Reaper“ stationiert.

Zusammen mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) hat die Bundesregierung weitere Anstrengungen zur „Stabilisierung” des Tschad-Beckens angekündigt. Unter anderem sollen hierzu 6 Mio. Euro in verschiedene Projekte von Krisen betroffener Gemeinschaften in Nigeria, Niger, Kamerun und dem Tschad fließen. Zu den Maßnahmen gehören die Stärkung der Sicherheit von Gemeinschaften, Friedensbildung und die Reintegration der Angehörigen von Milizen.

„Geberkonferenz“ in Brüssel geplant

Die weitere Ausgestaltung von Maßnahmen der „gemeinsamen Einsatztruppe“ wurde am 19. September 2017 auf einer „Conference in support of G5 Force Conjointe“ in Berlin beraten. Zu den Teilnehmenden gehörten Vertreter/innen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der G5 Sahel-Staaten, aus einzelnen EU-Mitgliedstaaten sowie „weiteren interessierten Nationen“. 

Am 14. Dezember 2017 ist in Brüssel eine „G5 Sahel Force Conjointe-Geberkonferenz“ geplant. Für den Aufbau der „gemeinsamen Einsatztruppe“ sollen bis dahin „Unterstützungsmöglichkeiten durch die Internationale Gemeinschaft“ ausgelotet werden. Als weitere Maßnahme will die Europäische Union ihre Mission „EUCAP  Sahel  Niger“ ausbauen und die Regierung des Niger gegen „Migrantenschmuggel“ unterstützen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf nigrischen Sicherheitsbehörden und Militärs sowie „landesweiten dezentralisierten Aktivitäten.