Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und aktuell als Wahlbeobachter für die parlamentarische Versammlung der OSZE in Moskau vor Ort:

„Die Einschätzung der OSZE-WahlbeobachterInnen zum ersten Wahltag ist positiv. 96 % der ausgefüllten Auswertungsbogen bewerteten den Ablauf in den jeweils beobachteten Wahllokalen als gut oder sehr gut, nur 4 % als schlecht oder sehr schlecht. Der Auszählungsprozess wurde in 87 % als gut oder sehr gut bewertet, in 13 % als schlecht oder sehr schlecht. Das ist oberhalb des langjährigen Durchschnitts der OSZE-Wahlbeobachtungen, der bei 17 % schlecht oder sehr schlecht liegt.

Dem entgegen steht die ebenfalls einmütige Kritik, dass der Wahlkampf in der medialen Darstellung nicht fair war. Es gab keine direkten Debatten zwischen Putin und den Herausforderern, eine programmatische Darstellung der Programme der jeweiligen Kandidatinnen und Kandidaten war kaum möglich.

Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis des eher linken Kandidaten Pawel Grudinin, der von der KPRF aufgestellt wurde, mit 11,8 % erstaunlich. Alle jüngeren Umfragen gaben ihm gerade mal 4 bis 8 %. Der Rechtpopulist Wladimir Zhirinowskj und die prowestliche Kandidatin Xenija Sobtschak blieben weit abgeschlagen.

Es kann - bei Berücksichtigung aller Kritik am Ablauf des gesamten Wahlprozesses - kein Zweifel daran bestehen, dass Putin über großen Rückhalt bei den Menschen in der russischen Föderation verfügt. Das sollte auch so anerkannt werden.

Es wäre an der Zeit, die Drohgebärden gegenüber Russland einzustellen und über einen Ausstieg aus den Sanktionen nachzudenken. Je mehr sich die Menschen in Russland, etwa durch die NATO-Osterweiterung oder durch außenpolitische Isolation bedroht fühlen, desto leichter haben es nationalistische, autoritäre und antidemokratische Tendenzen in Russland - und umgekehrt.“