Persönliche Erklärung von Andrej Hunko, Fraktion DIE LINKE zu dem vom Bundesministerium der Finanzen eingebrachten Antrags zur Bewilligung von Finanzhilfen zugunsten Spaniens:

Durch die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) sollen spanischen Banken Kredite in Höhe bis zu von 100 Mrd. Euro gewährt werden, die über den staatlichen spanischen Restrukturierungsfonds (FROB) an die Banken weitergeleitet werden. Der spanische Staat soll nach Ansicht der Bundesregierung für diese „Finanzhilfe“ haften. Gleichzeitig verpflichtet er sich, den Bankensektor zu restrukturieren und durch Spardiktate die länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters und des Defizitverfahrens zu erfüllen. Sollte der ESM in Kraft treten, dann sollen die Kredite von der EFSF auf den ESM übertragen werden.

Ich lehne dieses weitere Bankenrettungspaket aus den folgenden Gründen ab:

  1. Durch die Finanzhilfen sollen ein weiteres Mal Milliarden von Euro in europäische Banken gepumpt werden, ohne dass die Ursachen der aktuellen Krise angegangen wurden. Auf den Märkten darf weiter spekuliert werden und die Banken können sich sicher sein, dass am Ende die öffentliche Hand für die Verluste geradesteht.
  2. Obwohl es sich um ein Bankenrettungspaket handelt, bei dem die Banken ihre Spekulationsverluste vergesellschaften, wird die spanische Regierung im Memorandum of Understanding (MoU) dazu verpflichtet, massive Kürzungen im Sozialbereich vorzunehmen. Diese drücken sich aktuell in dem vom spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy angekündigten 65-Milliarden-Kürzungspaket aus: Dieses beinhaltet unter anderem die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte, die Streichung des Weihnachtsgeldes im öffentlichen Dienst, Kürzungen der Zuwendung an Parteien und Gewerkschaften um 20 Prozent, Entlassungen im öffentlichen Dienst, die Kürzung der Arbeitslosenunterstützung um 10 Prozentpunkte und voraussichtlich Privatisierungen. Der spanischen Bevölkerung, die schon jetzt unter den Folgen der Krise leidet, wird damit die Last einer falschen Krisenpolitik auferlegt.
  3. Zwar ist zu begrüßen, dass mit den Milliardenhilfen für die Banken eine Restrukturierung der Finanzinstitute einhergehen soll. Diese geht aber nicht weit genug. Anstatt „Reförmchen“ an einzelnen Banken vorzunehmen, muss das gesamte europäische Bankensystem von Grund auf saniert, vergesellschaftet und demokratischer Kontrolle unterworfen werden. Keine Bank darf so groß sein, dass ein Bankrott das gesamte Finanzsystem lahmlegen kann. Geschieht diese Restrukturierung nicht, wird ein Milliardenpaket nach dem anderen nötig sein, um die Banken zu retten und die „nervösen“ Finanzmärkte zu beruhigen. Je länger eine wirkliche Lösung der Krise hinausgezögert wird, desto wahrscheinlicher wird eine weitere Vertiefung derselben, die dramatische Folgen nach sich ziehen wird.
  4. Das Paket bürdet dem spanischen Staat die Haftung für die Kredite der Banken auf. Damit wird die Staatsfinanzierung mittelfristig einem enormen Risiko ausgesetzt. Sollte die Bankenrettung scheitern, so dürfte Spanien der nächste Kandidat für den so genannten Rettungsschirm sein. Anstatt die Staaten in Haftung für die Spekulationen der Banken zu nehmen, müssen die Krisenkosten von deren Verursachern getragen werden, zum Beispiel durch eine einmalige europaweite Vermögensabgabe und eine dauerhafte Vermögensteuer.

Ich solidarisiere mich mit dem Widerstand der spanischen Bevölkerung gegen die erzwungenen Austeritätsmaßnahmen.

Andrej Hunko, 19.07.2012