Persönliche Erklärung von Andrej Hunko, Fraktion DIE LINKE, nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum Antrag des Bundesministeriums der Finanzen auf Drucksache 18/5780.

Ich habe bei der heutigen Abstimmung im Bundestag über ein drittes Kreditprogramm für Griechenland mit NEIN gestimmt. Die folgenden Gründe haben mich dazu bewogen:

  1. Der Charakter des fälschlicherweise als „Hilfsprogramm“ bezeichneten Kürzungsdiktats bleibt falsch. Die im „Memorandum of Understanding“ festgehaltenen Bedingungen werden die Krise nicht lösen, sondern weiter verschärfen.
    1. Sie sind wirtschaftlich kontraproduktiv, weil die Erhöhung von Verbrauchssteuern wie der Mehrwertsteuer, weitere Rentenkürzungen und ausbleibende Investitionen jede Möglichkeit zur wirtschaftlichen Erholung massiv einschränken.
    2. Sie zwingen die Regierung, ein gigantisches Privatisierungsprogramm umzusetzen und profitable öffentliche Unternehmen zu Ramschpreisen zu verkaufen.
    3. Sie sind sozial verheerend, weil sie die Kosten der Krise weitgehend auf Beschäftigte, Arbeitslose und RentnerInnen abwälzen – wenn auch die Syriza-Regierung Zugeständnisse zur sozialen Abfederung erkämpfen konnte.
  2. Die Kredite in Höhe von 86 Milliarden Euro, für die Deutschland mit 27 Prozent haftet, fließen erneut zum Großteil in den Finanzsektor und können nicht zur Überwindung der Wirtschaftskrise eingesetzt werden. Durch das wirtschaftlich verheerende Kürzungs- und Privatisierungsdiktat steigt die Wahrscheinlichkeit weiter, dass die Schulden nicht zurückgezahlt werden können.
  3. Zwar sind im Vergleich zu den früheren Memoranden einige wenige positive Veränderungen festzustellen wie beispielsweise die Absichtserklärung, eine Gesundheits-Grundversorgung für Alle einzurichten – auch für nicht Versicherte. Dass diese Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, ist angesichts der Kürzungsvorgaben im Memorandum jedoch extrem schwierig.
  4. Das Zustandekommen des Griechenlandpakets entspricht einem Diktat und ist undemokratisch. In einer beispiellosen Erpressung haben die EU-Institutionen im Verbund mit der deutschen Bundesregierung die griechische Regierung zur Kapitulation gezwungen. Diese Politik widerspricht zutiefst meinen Überzeugungen, weshalb ich sie hier, im Parlament der Erpresser, nur ablehnen kann. Ich mache hingegen keine Aussage darüber, wie ich mich in Griechenland, im Parlament der Erpressten, verhalten würde. Dies ist allein Sache der griechischen Abgeordneten.
  5. Griechenland braucht unsere Hilfe und ich bin ohne Umschweife dafür, diese solidarisch zu gewähren. Das heute zur Abstimmung stehende Paket ist jedoch ein weiterer Rettungsring aus Blei. Unter diesen Bedingungen kann ich nur mit NEIN stimmen.

Andrej Hunko, 19.08.2015