Die maßgeblich von der deutschen Bundesregierung durchgesetzten Troika-Diktate sind nicht nur unsozial, undemokratisch sondern auch wirtschaftlich verheerend. Internationale Menschenrechtsorganisationen konstatieren eine beispielslose Verelendung. Dies als Erfolgsweg darzustellen ist blanker Zynismus. Der mögliche Umschwung in Griechenland muss zu einem europaweiten Umschwung führen.

http://youtu.be/iY2QtmQqSHY

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Sarrazin, ja, Griechenland hat eine Zukunft im Euro-Raum. Das sagt auch DIE LINKE ganz klar. Aber wir sagen auch ganz klar:

(Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Euro muss weg!)

Griechenland hat keine Zukunft unter dieser Troika-Politik, die dieses Land in den Abgrund gestürzt hat.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Dr. Diether Dehm (DIE LINKE): Das ist das Entscheidende! ‑ Johannes Kahrs (SPD): Dann haben Sie es aber nicht verstanden!)

Ich will daran erinnern, dass wir seit fünf Jahren darüber diskutieren und wir von Anfang an gesagt haben: Diese Programme, die Griechenland aufgezwungen werden, sind unsozial, undemokratisch und ökonomisch kontraproduktiv.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Johannes Kahrs (SPD): Durch Wiederholung wird Unsinn nicht besser!)

Ich glaube, dass die Entwicklung der letzten fünf Jahre diese Einschätzung bestätigt hat. Das sind die Gründe, warum wir diese Programme abgelehnt haben. Wir haben sie natürlich auch abgelehnt, weil ein Großteil der sogenannten Hilfsgelder nicht der griechischen Bevölkerung zugutekamen, sondern zu über 80 Prozent in die Finanzmärkte geflossen sind.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Dr. Diether Dehm (DIE LINKE): Das ist der Punkt!)

Diese Reformen waren unsozial. Ich will das, auch wenn wir schon viele Beispiele dafür vorgetragen haben, belegen und aus der Welt ‑ Springer-Presse ‑ vom 28. Dezember 2014 zitieren. Dieser Artikel stützt sich auf einen Bericht von über 160 Menschenrechtsorganisationen, der kurz vor Weihnachten veröffentlicht wurde. Ich zitiere:

Es steht mehr als schlecht um sein Land,

‑ Griechenland ‑

wie ein aktueller Bericht der FIDH, eines internationalen Dachverbands von 178 Menschenrechtsorganisationen, dokumentiert.

(Johannes Kahrs (SPD): Getretener Quark wird breit, nicht stark!)

Die Autoren ziehen eine erschreckende Bilanz der Rettungspolitik der Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), EU-Kommission und IWF. Seit dem Ausbruch der Krise wurden demnach nicht nur Pensionen und Einkommen um teilweise 50 Prozent gekürzt, sondern Millionen Menschen ihrer Existenz beraubt. „Die entsetzlichen Auswirkungen, die die Krise nicht nur auf die Wirtschaft, sondern auch auf die Demokratie und die Menschenrechte hatte, können nicht mehr geleugnet werden“, schreiben die FIDH-Autoren. „Wir werden Zeugen eines Übergangs in einen Zustand, bei dem elementare Grundrechte und der Rechtsstaat herausgefordert und abgebaut werden.“

Noch immer seien 28 Prozent der Griechen arbeitslos, die Jugendarbeitslosigkeit liege bei 61 Prozent. Seit dem Ausbruch der Krise hätten 180 000 Kleinunternehmen schließen müssen ... Laut inoffiziellen Quellen sind 2,5 Millionen Bürger ohne Krankenversicherung.

- Bei 10 Millionen Einwohnern. -

Auch das hat gravierende Folgen: Binnen eines halben Jahres stieg die HIV-Infektionsrate um 52 Prozent, 62 Menschen starben an dem wieder aufgetauchten West-Nil-Virus. Seit dem Ausbruch der Krise hat sich die Selbstmordrate verdoppelt.

So weit Die Welt vom 28. Dezember 2014.

Das ist der Scherbenhaufen der bisherigen Griechenland-Politik, und das muss neu justiert werden.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Andreas Mattfeldt (CDU/CSU): Auslöser ist in Griechenland eine Politik, die mit Ihrer Ähnlichkeit hat!)

Viele internationale Organisationen und Parlamente haben in der Zwischenzeit diese Troika-Politik kritisiert, die maßgeblich von der deutschen Politik mitgeprägt wurde. Ich erinnere an die Parlamentarische Versammlung des Europarates im Juni 2012. Auch das Europäische Parlament hat im vergangenen Jahr eine Resolution verabschiedet, in der es zum Beispiel heißt, dass das Mandat der Troika als „unklar, intransparent und einer demokratischen Kontrolle entbehrend wahrgenommen“ werde.

(Norbert Barthle (CDU/CSU): Das sagen nur die Linken in Europa!)

Weiter heißt es, es stehe außerhalb des europäischen Rechts. Die Kürzungen hätten negative Auswirkungen auf die Wirtschaftspolitik.

Herr Dr. Meister, Sie sprechen von einer positiven Entwicklung, von einem Erfolgsweg. Die Wirtschaft in Griechenland ist jedoch um über 25 Prozent eingebrochen. Die sozialen Folgen habe ich eben benannt. Es ist doch blanker Zynismus, wenn man dann von einer positiven Entwicklung und von einem Erfolgsweg spricht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Wahlen in Griechenland bieten die Chance auf einen Umschwung dieser Politik nicht nur in Griechenland, sondern in ganz Europa. Es gibt in Griechenland den Spruch: Anatropῆ sthn Ellὰda, mίnima sthn Eurώph. Zu Deutsch: Der Umschwung in Griechenland ist ein Zeichen für Europa.

Wenn man sich einmal die Debatte anschaut, die in anderen europäischen Ländern und auf internationaler Ebene geführt wird, zum Beispiel in der New York Times, dann stellt man fest, dass gesagt wird, dass in Europa ein anderer Weg mit Blick auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik notwendig ist.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Europa steht am Rande einer Rezession und ist schon in eine Deflation hineingeschlittert. Das kann langwierige Folgen und weitere Rezessionen nach sich ziehen. Deshalb muss dringend umgesteuert werden. Der mögliche Wahlsieg von SYRIZA kann ein Auftakt sein und eine politische Diskussion auch in anderen europäischen Ländern befördern. Es ist dringend notwendig, dass wir europaweit umsteuern, weil die bisherige Wirtschafts- und Finanzpolitik die gesamte Euro-Zone in die Krise geführt hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)