„Welche unerwünschten Nebenwirkungen der inzwischen neun Sanktionspakete gegenüber Russland sind der Bundesregierung bekannt und was ist der Bundesregierung über konkrete Beeinträchtigungen des Handels mit Agrarprodukten und Düngemitteln im Zusammenhang mit diesen Sanktionspaketen seit dem 24. Februar bekannt geworden?“
Antwort:
Die mittlerweile neun Sanktionspakete zielen darauf ab, die für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine verantwortlichen Personen, ihre Unterstützer und für Russland relevante Schlüsselsektoren zu treffen sowie die Finanzierungsmöglichkeiten des russischen Staates zu beschneiden. Dadurch sollen Russland hohe wirtschaftliche Kosten für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine auferlegt und die technologischen und finanziellen Ressourcen Russlands für die Fortsetzung des Angriffskriegs beschnitten werden. Die verfügbaren Daten zeigen, dass die Sanktionen die beabsichtigte Wirkung entfalten. Die Sanktionen verbieten nicht allen Handel, sondern nehmen bestimmte Bereiche bewusst aus. Nichtsdestotrotz kann es zu nicht erwünschten Wirkungen kommen, beispielsweise:
• Rückzug europäischer Unternehmen aus noch erlaubten Geschäften mit Russland, z.B. im Agrar-, Lebensmittel- und Medizinbereich. Unternehmen ziehen sich dabei vor allem aufgrund russischer Gegenmaßnahmen sowie Reputationsrisiken aus dem Markt zurück. Russland trägt hierfür die volle und alleinige Verantwortung.
• Verzögerungen bei der Lieferung nicht sanktionierter Güter nach oder aus Russland, zum Beispiel, wenn Finanzströme auf andere Banken umgestellt werden müssen. Die Bundesregierung setzt sich gemeinsamen mit ihren internationalen Partnern für eine Lösung bei nicht erwünschten Konsequenzen ein. Auf unternehmerische Entscheidungen hat die Bundesregierung dabei allerdings keinen Einfluss.
Die globale Ernährungskrise ist nicht auf die internationalen Sanktionen zurückzuführen. Die Sanktionen haben zu keiner Zeit Lebens- und Düngemittelexporte aus Russland in Drittstaaten umfasst.
Es ist Russlands völkerrechtswidriger Angriffskrieg, der die sich schon zuvor anbahnende Ernährungskrise signifikant verschärft hat. Beispielsweise haben Kriegszonen im Schwarzen Meer zeitweise zu einem massiven Anstieg von Versicherungskosten geführt, die den ganzen Seetransport betreffen. Die Bundesregierung unterstützt von Beginn an die Bemühungen der Vereinten Nationen zur Reaktivierung der durch den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterbrochenen Getreide- und Düngemittelexporte auf die Weltmärkte, unter anderem im Rahmen der Black Sea Grain Initiative. Die EU ist nicht ursächlich für die hohen Düngemittelpreise auf globalen Märkten. Russland hat den Export seiner Düngemittel ab Ende 2021 zeitweise selbst durch Exportquoten zum Teil eingeschränkt, wodurch es erheblich von den Preissteigerungen auf den internationalen Düngemittelmärkten profitiert und 2022 trotz geringerer Exportmengen höhere Einnahmen erzielt hat. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass unerwünschte Effekte der Sanktionen insbesondere im Agrarbereich vermieden werden. Ein Beispiel hierfür ist die Reichweite des Importverbots der EU für ausgewählte russische Düngemittel. Es gibt unterschiedliche Auslegungen zur Frage, ob dies auch den Transfer dieser Düngemittel über das Gebiet der Union untersagt. Aus Sicht der Bundesregierung ist das nicht der Fall. Die Bundesregierung hat sich hier für Klarstellung eingesetzt, die durch ein FAQ der EU-Kommission zwischenzeitlich erfolgt ist.
Ein weiteres Beispiel ist die Frage, ob die Listung bestimmter russischer Oligarchen auch ein Transaktionsverbot für Chemie- und Düngemittelunternehmen zur Folge hat, an denen diese Anteile halten. Die Bundesregierung hat sich im Rahmen des neunten Sanktionspakets gemeinsam mit den Regierungen weiterer EU-Mitgliedsstaaten erfolgreich für eine Genehmigungsmöglichkeit von solchen Transaktionen eingesetzt, sollte hier ein Verbot angenommen werden.
Quelle: Stenografischer Bericht der 81. Sitzung vom 25.01.2023