Frage: Inwieweit hält die Bundesregierung auch nach der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH), welcher die Klage gegen Israel wegen Verstößen gegen die Völkermordkonvention für grundsätzlich zulässig erklärt und Israel u. a. dazu verpflichtet hat, Gewalt gegen palästinensische Zivilisten einzudämmen (vgl. z. B. www.zeit.de/politik/ausland/2024-01/igh-fordert-israel-zu-besserem-schutz-von-palaestinensern-auf), auch weiterhin an ihrer Nebenintervention vor dem IGH fest, die von Regierungssprecher Steffen Hebestreit u. a. mit der Äußerung begründet wurde, der Vorwurf eines Genozids im Gaza-Streifen „entbehrt jeder Grundlage“ (siehe www.lto.de/recht/nachrichten/n/igh-israel-suedafrika-bundesregierung-nebenintervention-drittpartei-voelkermord-hamas/), und welche konkreten Schritte wird die Bundesregierung unternehmen, um der Forderung des IGH nach einem besseren Schutz von Palästinensern zur Umsetzung zu verhelfen (z. B. durch diplomatischen Druck auf die israelische Regierung oder durch ein Moratorium auf alle Waffenlieferungen nach Israel, solange die Vorwürfe eines möglichen Genozids vom IGH weiter untersucht werden)?
Antwort der Staatssekretärin Susanne Baumann:
Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat am 26. Januar in dem in der Fragestellung genannten Verfahren eine Anordnung vorsorglicher Maßnahmen im vorläufigen Rechtsschutz getroffen. Diese dienen der Sicherung der verfahrensgegenständlichen Rechtsgüter, ohne dass hierdurch eine Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen wird. Die abschließende Entscheidung, ob Israel gegen Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention verstoßen hat, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
In diesem Hauptsacheverfahren beabsichtigt die Bundesregierung, wie sie das bereits in anderen nach der Völkermordkonvention vor dem IGH eingeleiteten Verfahren getan hat, dem Gericht im Rahmen einer sogenannten Intervention nach Artikel 63 des IGH-Statuts ihre Rechtsansicht zur Auslegung der relevanten Normen der Völkermordkonvention darzulegen. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sieht die Bundesregierung sich in einer besonderen Verantwortung, für die Integrität der Völkermordkonvention einzutreten.
Die Anordnung des IGH ist völkerrechtlich verbindlich. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass Israel sich an die Anordnung hält. Als größter humanitärer Geber für die besetzten palästinensischen Gebiete hat die Bundesregierung diese Erwartung sowohl bilateral gegenüber Israel als auch öffentlich kommuniziert.