Andrej Hunko im Interview mit Zeitgeschehen im Fokus 19.3.25
"Wenn in jedem zehnten Wahllokal nur eine einzige BSW-Stimme falsch ungültig deklariert wurde, hätten wir genug Stimmen für die 5 Prozent. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Unregelmässigkeiten fordern wir eine komplette Neuauszählung. Das ist angesichts der politischen Tragweite auch verhältnismässig."
Zeitgeschehen im Fokus In einzelnen Medienberichten war zu lesen, dass es bei der Bundestagswahl nicht mit «rechten Dingen» zu und her gegangen sei. Teilen Sie diese Einschätzung?
Bundestagsabgeordneter Andrej Hunko Es hat in der Tat sehr viele Unregelmässigkeiten gegeben. Beispielsweise gab es in meiner Stadt Aachen ein Wahllokal, wo wir 48 Stimmen hatten, das sind um die sieben Prozent, die zunächst komplett einer anderen Partei, dem «Bündnis Deutschland», zugeschlagen wurden. Wir sind darauf aufmerksam geworden, weil Wähler aus diesem Wahllokal abends zu unserer Wahlparty kamen und erzählten, dass sie BSW gewählt hätten, für das BSW dort aber keine einzige Stimme ausgewiesen wurde. Daraufhin beschwerten sich die Wähler bei der lokalen Wahlleitung, mit Erfolg. Der Fehler wurde offiziell korrigiert und die 48 Stimmen dem BSW zugeschlagen. Vergleichbare Fälle gab es in ganz Deutschland, von denen aber nur ein Teil nach unserer Intervention korrigiert wurde. Insgesamt erhielt das BSW auf diese Weise beim amtlichen Endergebnis 4277 Stimmen mehr, als beim vorläufigen Ergebnis, oder in Prozent ausgedrückt 4,981 Prozent statt 4,972 Prozent. Ich gehe aber davon aus, dass das BSW über 5 Prozent der Stimmen hätte, wenn alle Unregelmässigkeiten überprüft würden und neu ausgezählt würde.
Wenn Sie das so berichten, drängt sich einem der Verdacht auf, dass das alles nicht ganz zufällig ist.
Ich gehe erstmal nicht davon aus, dass es das Resultat einer «Böswilligkeit» ist, es ist eher eine Folge der verkürzten Fristen. Wenn in jedem zehnten Wahllokal nur eine einzige BSW-Stimme falsch ungültig deklariert wurde, hätten wir genug Stimmen für die 5 Prozent. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Unregelmässigkeiten fordern wir eine komplette Neuauszählung. Das ist angesichts der politischen Tragweite auch verhältnismässig.
Wie reagiert man von offizieller Seite darauf?
Unterschiedlich. In NRW hatte die Landeswahlleitung 64 Kreiswahlleitungen um Überprüfung gebeten. Andere Landeswahlleitungen haben sich geweigert, so etwas zu tun. Aber was heisst überprüfen? Ist es, die vorher erwähnten statistischen Ausreisser zu identifizieren? Das sind aber nur die Extremfälle. Aber solche Fälle, bei denen einem die Ungereimtheiten nicht ins Auge springen, wie ich sie beschrieben habe, werden damit nicht erfasst. Das reicht nicht. Es braucht eine neue Auszählung zumindest der ungültigen Stimmen, aber eigentlich braucht es eine komplette Neuauszählung. Das zieht sich durch die ganze Republik. Anfangs hatte man uns lächerlich gemacht, wir würden wie Trump 2020 die Wahlniederlage nicht akzeptieren. Mittlerweile werden die Einwände ernster genommen, aber immer so getan, als ob eine Neuauszählung aussichtslos sei.
Sie haben von einem weiteren Problemkreis gesprochen. Worum geht es bei diesem?
Dabei geht es um die Stimmen der Auslandsdeutschen. Zur Wahl registrierten sich 213 000, um per Briefwahl zu wählen. Wenn man im Ausland lebt, muss man sich registrieren. Daraufhin bekommt man die Wahlunterlagen zugeschickt, füllt sie aus und schickt sie wieder zurück. Dann verlässt man sich darauf, dass das klappt. Aber wir hatten wie erwähnt nur sehr kurze Fristen, damit waren alle extrem gefordert. In anderen Staaten besteht die Möglichkeit, in der Botschaft oder dafür ausgewiesenen Orten im jeweiligen Aufenthaltsland abzustimmen. Für Deutschland gibt es das nicht. Jetzt hat sich herausgestellt, dass eine grosse Anzahl von Auslandsdeutschen ihr Wahlrecht nicht wahrnehmen konnten, obwohl der Staat sie im Glauben gelassen hatte, dass über die Registrierung die Briefwahl im Ausland möglich sei. Dagegen wird jetzt juristisch argumentiert, dass es kein verfassungsrechtlich gestütztes Recht auf eine bequeme Wahl gebe, man hätte ja auch nach Deutschland kommen können. Das ist zwar nicht ganz falsch, aber in dem Augenblick, wo der Staat mir versichert, man könne sich registrieren, bekomme daraufhin die Wahlunterlagen zugestellt und könne so sein Wahlrecht ausüben, dann muss ich mich doch darauf verlassen können, dass das funktioniert. So wurden mehrere 10 000, vielleicht sogar über 100 000 um ihr Wahlrecht gebracht.
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