Category: Pressemitteilungen

„Zur Überprüfung des Missbrauchs von Fahndungen zur politischen Verfolgung richtete Interpol vor eineinhalb Jahren eine ‚Notices and Diffusion Task Force‘ ein. Diese Arbeitsgruppe ist nicht arbeitsfähig. Weiterhin ist ein Großteil der 80.000 zu prüfenden Fälle nicht bearbeitet. Immer noch werden Asylsuchende auf Ersuchen der Türkei und anderer Staaten missbräuchlich festgenommen“, erklärt der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko.

Nach der Festnahme des deutschen Schriftstellers Doğan Akhanlı wollte Interpol prüfen, ob sich im Altbestand von 80.000 Ersuchen zur Festnahme und Auslieferung (die sogenannten „Rotecken“) anerkannte Asylsuchende befinden. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz wollte Personal dorthin entsenden, erhielt nach einer Ausschreibung jedoch keine ausreichenden „Interessenbekundungen“ von angefragten Mitarbeiter/innen. Für die Task Force fehlen außerdem die „erforderlichen finanziellen Mittel“.

Andrej Hunko weiter:

„Zuletzt wurde der Duisburger Ismet Kılıç, der von der Türkei via Interpol gesucht wird, in Slowenien verhaftet. Auch er ist anerkannter Asylbewerber. Das zeigt, dass auch die Schutzmechanismen in Deutschland nicht funktionieren. Die Bundesregierung muss den Bundesländern deshalb melden, wer in der Vergangenheit Asyl erhielt und von dem verfolgenden Staat trotzdem via Interpol gesucht wird. Die in Deutschland lebenden Betroffenen müssen anschließend vor dem Fahndungsersuchen gewarnt werden.

Doğan Akhanlı und Ismet Kılıç wurden nicht benachrichtigt. Auch wenn sie nach einigen Wochen aus der Untersuchungshaft in Spanien und Slowenien entlassen wurden, ist eine solche Prozedur äußerst unangenehm. Die Bundesregierung muss den Betroffenen deshalb Schadensersatz für die von ihr verschuldete Haft zukommen lassen.

Zum sechsten Mal haben wir uns jetzt erkundigt, ob die Europäische Kommission wie angekündigt einen Workshop zu den politisch motivierten Fahndungsersuchen abgehalten hat. Dort sollte ein gemeinsames Vorgehen der Mitgliedstaaten abgesprochen werden. Diese Veranstaltung fand nicht statt und ist wohl auch nicht mehr geplant. Das ist ein Skandal. Die Bundesregierung muss die fehlenden Schutzmechanismen im Rat der Europäischen Union zum Thema machen. Der Rat muss die Kommission anschließend zum Handeln auffordern.“

Download der Antwort auf die Kleine Anfrage „Fortgesetzter Missbrauch von Interpol-Fahndungen zur politischen Verfolgung in der Türkei - Nachfrage zur Bundestagsdrucksache 19/14162“: https://www.andrej-hunko.de/start/download/dokumente/1427-fortgesetzter-missbrauch-von-interpol-fahndungen-zur-politischen-verfolgung-in-der-tuerkei-nachfrage-zur-bundestagsdrucksache-19-14162