Redebeitrag von Andrej Hunko in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Die Versammlung debattierte am 22.06.2016 den Bericht "The functioning of democratic institutions in Turkey". Die linke Fraktion (UEL) hatte zahlreiche Änderungsanträge eingebracht, von denen viele übernommen wurden.

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE
(Dok. 14078, Dok. 14078 Addendum)

Vielen Dank, Herr Präsident!

Heute ist der 75. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf die Sowjetunion. Es war mit 27 Millionen Toten der schlimmste Vernichtungskrieg. Als Folge dieses Krieges wurde ja auch der Europarat gegründet. Daran möchte ich als Abgeordneter aus Deutschland erinnern.

Den beiden Berichterstatterinnen möchte ich ganz herzlich danken für diesen wichtigen, mutigen Bericht.

Darüber, was in den letzten Monaten, insbesondere seit der Wahl im Juni, in der Türkei geschehen ist, wurde bereits vieles gesagt. Der Friedensprozess wurde bereits im April letzten Jahres aufgekündigt. Danach kam es zu der furchtbaren Entwicklung, die hier sehr deutlich beschrieben ist.

Ich möchte auch daran erinnern, dass die Immunität vieler Abgeordneter aufgehoben wurde, auch von Abgeordneten der HDP, die hier unter uns sitzen. Es ist möglich, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in der nächsten Sitzungswoche nicht mehr hier sein können, weil sie dann vielleicht im Gefängnis sind. Deshalb ist es wirklich sehr wichtig, dass diese Versammlung ein deutliches Zeichen setzt.

In den gegenwärtigen Diskussionen heißt es oft, man solle die Türkei jetzt nicht so stark kritisieren. Doch wir sind eine Parlamentarische Versammlung und haben damit die Aufgabe, Tatsachen beim Namen zu nennen. Wir sind nicht den diplomatischen Zwängen ausgesetzt, die auf Regierungen lasten.

An das Beispiel aus Deutschland wurde eben von Frau Durrieu erinnert: Das gesamte deutsche Parlament hat sehr deutlich reagiert, als Erdogan das Blut unserer Kollegen, der Abgeordneten türkischer Abstammung, in Frage stellte. Damit gab das deutsche Parlament, nicht die deutsche Regierung, ein klares Signal aus. Auch die Parlamentarische Versammlung des Europarats sollte hier eine deutliche Botschaft aussenden.

Die Türkei ist ein wunderbares Land mit einer unglaublich reichhaltigen Kultur, vielen Sprachen und einer wunderbaren Zivilgesellschaft, Journalisten, die mutig genug sind, um Dinge aufzudecken und dafür ins Gefängnis zu gehen, mutigen Abgeordneten und Bürgermeistern aus den kurdischen Gebieten, die jetzt ebenfalls verhaftet wurden. Wir sollten ein Signal aussenden, das diese Menschen ermutigt - ein Signal für eine plurale, demokratische Entwicklung dieses Landes - nicht gegen die Türkei, sondern für die Türkei.

Vielen Dank.

 

Quelle: http://www.assembly.coe.int/Sessions/German/2016/03/1606221000D.htm