https://www.youtube.com/watch?v=62fM0EUHl9Y

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden heute über die EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland bald übernimmt. Dieser Vorgang kommt nur alle 14 Jahre vor. In der Tat ist es ein Armutszeugnis, dass die Bundesregierung bis heute kein Programm vorgelegt hat. Insofern ist es positiv, dass die Grünen mit ihrem Antrag hier die Debatte eröffnen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Es wäre arrogant, wenn wir das jetzt täten! Den Kroaten und der Kommission gegenüber!)

An die Adresse der AfD muss ich sagen: Sie müssen sich schon entscheiden. Was ist denn das, was gegenwärtig vorgelegt wird? Ist das nun Klimakommunismus, oder ist das ein New Deal wie unter Roosevelt in den 30erJahren in den USA? Das sind ja völlig verschiedene Vorgänge.

(Christian Petry [SPD]: Das stimmt doch beides nicht!)

Ich will nur daran erinnern: Der New Deal unter Roosevelt hat die Lage der arbeitenden Menschen in den USA tatsächlich erheblich verbessert. Er hat die Superreichen herangezogen. Er hat auch zu einem kulturellen Aufblühen in den USA der 30er-Jahre geführt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Einen solchen Green New Deal, wie wir das nennen, einen ökologischen und sozialen New Deal bräuchten wir in der Tat in Europa. Das wäre wirklich ein historisches Vorbild.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)

Allerdings ist das, was jetzt von der Kommission vorgelegt worden ist – das wird auch von den Grünen viel zu wenig kritisiert –, eigentlich nicht mit einem solchen New Deal vergleichbar. Es wird mit gigantischen Summenoperiert: 1 Billion Euro sollen angeblich investiert werden, um die notwendige Energiewende zu finanzieren, um strukturschwache Regionen entsprechend zu unterstützen. Das hört sich zwar gut an, aber ein Blick darauf zeigt: Das ist ein Scheinriese, der immer kleiner wird, je genauer man hinschaut. Es wird sehr viel mit Luftbuchungen gearbeitet. Es gibt keine wirkliche Investition. Wir denken, es wäre notwendig, eine solche Investition vorzunehmen. Ich kann nur davor warnen, in dieser wichtigen Frage mit ungedeckten Schecks zu arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Antrag der Grünen. Der Antrag hat 16 Seiten. Darin stehen natürlich viele Sachen. Da gibt es Licht und Schatten. Ich will nur ein paar Punkte herausgreifen. Es ist die Rede von großen Themen, die in Europa diskutiert werden, von der Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips und dem Übergang zu einem Mehrheitsprinzip, vor allen Dingen in der Außen- und Sicherheitspolitik. Es gibt Bereiche, in denen diese Aufhebung sinnvoll sein mag, zum Beispiel in der Steuerpolitik. Ich kann aber nur davor warnen, noch leichtfertiger zum Beispiel mit Sanktionen umzugehen, auch in der innereuropäischen Politik. Wir leben in einer Welt, in der Sanktionierung immer mehr um sich greift. Auch die EU verhängt aus unserer Sicht falsche Sanktionen, etwa gegen Russland oder gegen Venezuela.

(Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])

Aber jetzt innerhalb der EU etwa die Kohäsionsfonds dafür zu nutzen, um die Verhängung von entsprechenden Sanktionen zu erleichtern, wird, so fürchten wir, zu einer Desintegration der EU führen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu guter Letzt will ich noch auf einen Punkt hinweisen. Die Grünen haben jetzt zum ersten Mal die Notwendigkeit der Umsetzung des Beitritts der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention aufgenommen. Wir fordern das schon lange. Das steht ja auch im Lissabon-Vertrag. Das ist so weit gut. Es gibt jetzt Vorschläge, hierbei wichtige Bereiche herauszunehmen. Davor können wir nur warnen. Es muss einen Beitritt erster Klasse geben, nicht zweiter Klasse. Das ist ein wichtiger Punkt; denn es geht darum, ob auch ein externes Organ wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte von der EU und ihren Einrichtungen anerkannt wird. Wir glauben, dass es notwendig wird, das endlich umzusetzen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)