„Die innereuropäische Reisefreiheit ist eine der zentralen Errungenschaften der Europäischen Union und zwischen den unterzeichnenden Regierungen im Schengener Grenzkodex festgelegt. Ihrer drohenden Rücknahme und politischen Instrumentalisierung erteile ich eine Absage“, kommentiert der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko die kritikwürdige Forderung einiger Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland.

In einer informellen Initiative üben sieben Regierungen von EU-Mitgliedstaaten Druck auf Griechenland aus. Das Land soll seine Grenze zur Türkei besser überwachen. Gleichzeitig droht Frankreichs Präsident mit dem Austritt aus dem Schengen-Abkommen, das die Aufhebung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen regelt. Sarkozy fordert eine „strukturelle Reform“ des Schengenraums. Im April soll die Kommission ihre ‚Roadmap‘ zur Migrationsabwehr vorlegen. Im Juni will der Europäische Rat eine „strategisch-politische Diskussion“ zu Schengen führen.

Andrej Hunko weiter:

„Parallel zur Militarisierung der EU-Außengrenzen wird auch das politische Vokabular zur Migrationsabwehr hochgerüstet: Die Grenze zur Türkei sei laut Österreichs Innenministerin ‚offen wie ein Scheunentor‘. Frankreichs Präsident kämpft gegen einen ‚Zustrom von Ausländern‘, während der Bundesinnenminister Friedrich einen ‚wachsenden Migrationsdruck‘ orakelt.

Es bleibt derzeit der EU-Kommission überlassen, die Reisefreiheit im Schengenraum gegenüber rechtspopulistischen Regierungen zu verteidigen und nicht nationalstaatlichen Befindlichkeiten zu unterwerfen. Die Kommission fordert einen Überwachungsmechanismus mit Regeln, nach denen Mitgliedstaaten nicht ohne weiteres temporäre Binnengrenzkontrollen einführen dürfen.

Die jetzige ausländerfeindliche Rhetorik durch die sieben Mitgliedstaaten soll diesen Vorstoß schwächen.

Jeder Upgrade von Grenzkontrollen bringt risikoreichere Migrationsrouten und mehr Tote. Der Druck auf Griechenland wird beispielsweise zum vermehrten Einsatz von Schusswaffen am Grenzfluss Evros führen.

Der dänische Ratsvorsitz schlägt nun vor, auch den Europäischen Auswärtigen Dienst zur Migrationsabwehr einzuschalten. Unter anderem soll dadurch die ‚Rückführung‘ von Migrant/innen erleichtert werden. Hierfür schließt die EU Rückübernahmeabkommen auch mit autoritären Staaten. Erst kürzlich bevollmächtigte der Rat die Europäische Kommission zu entsprechenden Verhandlungen mit Belarus.

Nutznießer der schengenfeindlichen Stimmung ist die EU-Grenzschutzagentur Frontex. Der Agentur in Warschau ist der politische Aufbruch in Nordafrika oder in Syrien ein Gräuel: Die ‚Migrationssituation‘ würde dadurch unsicherer.

Ich begrüße demgegenüber die Umbrüche in Nordafrika ebenso wie im Nahen Osten. Daraus resultierende Migrationsbewegungen sind eine Chance, kein Risiko. Die verbale und technische Aufrüstung der EU-Außengrenzen sind die falsche Antwort. Der hochgerüstete Grenzschutz muss einer offenen Migrationspolitik Platz machen“.