„Ich bleibe bei meiner Kritik: Es ist nicht möglich, die G6-Treffen parlamentarisch zu kontrollieren. Es existiert keine Regelung über den Zugang von Abgeordneten, Journalist/innen oder der allgemeinen Öffentlichkeit zu Inhalten der Treffen“, kritisiert der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Einflussnahme auf EU-Innenpolitik über die informelle Struktur der „Gruppe der Sechs“.

Seit 2003 schließen sich die Regierungen sechs einwohnerstärksten EU-Mitgliedsstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Polen als G6 zusammen. Die Plattform trifft sich halbjährlich zum „Austausch über Strategie- und Grundsatzfragen“, zuletzt Mitte Mai unter deutschem Vorsitz in München. Neben der EU-Kommissarin für Inneres sind seit 2007 die Heimatschutzministerin der USA sowie der für die Justiz zuständige US-Generalbundesanwalt zu Teilen der Treffen eingeladen.

Andrej Hunko weiter:

„Die Struktur der G6 ist intransparent und hinsichtlich demokratischer Verfahren fragwürdig. Es gibt keine Möglichkeit, an Mitschriften oder verteilte Dokumente zu gelangen. Protokolle werden erst gar nicht geführt.

Dabei wollen die einwohnerstärksten Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer EU-Innenpolitik Druck aufbauen: Laut Bundesregierung wurden auf dem Münchener Treffen die Kontrolle der ‚Reisebewegungen von Terrornetzwerken‘ und das ‚Smart Borders-Paket‘ diskutiert – also höchst kontroverse Projekte, um die auf EU-Ebene gestritten wird. Auch hierzu werden keine Inhalte geliefert. Gegenüber der Presse wurden lediglich Positionen der Bundesregierung ventiliert.

Überdies gehen aus der Struktur der G6 weitere informelle Konferenzen hervor. Seit der deutschen EU-Präsidentschaft wird mit den USA beispielsweise die Zusammenarbeit von Geheimdiensten oder das Eindringen in die digitale Kommunikation erörtert.

Laut Bundesregierung würden sich die G6 nicht mit anstehenden EU-Initiativen befassen. Die Beauskunftung der Tagesordnung des vorletzten Treffens beweist das Gegenteil: Diskutiert wurde über Nordafrika, das Schengen-Abkommen und zuviel unerwünschte Migration im südlichen Mittelmeer. Die französische Regierung setzte unter dem Titel ‚umherreisende kriminelle Banden‘ ihre Politik gegen Roma auf die Agenda. Dass der hierfür genutzte Terminus der ‚Wanderkriminalität‘ die Bevölkerungsgruppe stigmatisiert, leugnet die Bundesregierung.

Nicht nur im Bereich Überwachung digitaler Kommunikation und verdeckte Ermittlungen prescht die deutsche Regierung innerhalb der EU voran. Deutlich wird, wie das Bundesinnenministerium in informellen Netzwerken Einfluss auf die polizeiliche Praxis anderer Länder nimmt.

Zudem werden im Falle der G6 die 21 übrigen EU-Mitgliedstaaten vom Prozess der Meinungsbildung und Entscheidung ausgeschlossen – ein demokratisch äußerst fragwürdiger Vorgang“.

Download der Antwort auf die Kleine Anfrage „Einflussnahme auf EU-Innenpolitik über die informelle Struktur der ‚Gruppe der Sechs‘“: http://andrej-hunko.de/start/download/doc_download/231-antwort-undemokratische-einflussnahme-auf-eu-innenpolitik-ueber-die-informelle-struktur-der-gruppe-der-sechs