„Überwachungswerkzeuge deutscher Unternehmen werden in großem Stil ins Ausland verkauft. Die Hersteller tummeln sich auf eigens dafür veranstalteten Verkaufsmessen“, kritisiert der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko die Berichte über Exporte von Abhörwerkzeugen deutscher Firmen“.

Der Elektronik- und Rüstungskonzern Siemens exportiert sogenannte „Monitoring Centres“, mit denen Polizeien und Geheimdienste in Bahrain, Iran oder China Jagd auf Oppositionelle machen. Auch Produkte der hessischen Firma DigiTask oder von Utimaco aus Aachen werden auf internationalen Verkaufsmessen vertrieben. Das Münchener Unternehmen Elaman warb als Hauptsponsor auf der größten jährlichen Überwachungsmesse in Dubai und vertreibt Trojanerprogramme der britischen Gamma International Ltd. Ebenfalls im Überwachungsgeschäft sind die deutschen Firmen Trovicor, ATIS Uher und Ipoque.

In einer Abstimmung hatte das Europäische Parlament vor zwei Wochen beschlossen, Exporte von Überwachungstechnologie zukünftig strikter zu reglementieren. Die Abgeordneten wollen vor allem „Abfangtechniken und Vorrichtungen der digitalen Datenübertragung“ unter Ausfuhrkontrolle stellen. Damit soll die weltweite Überwachung von Mobiltelefonen, Textnachrichten und Internetkommunikation eingedämmt werden.

Hunko weiter:

„Wenn es sich bewahrheitet, dass auch deutsche Firmen Ländern mit wenig Achtung der Meinungsfreiheit ihre Überwachungstechnologie verbilligt überlassen, um dafür Testberichte zu erhalten, wäre dies ein eklatanter Verstoß gegen die Menschenrechte. Diese Praxis hatte kürzlich der neue Vorsitzende der tunesischen Internetbehörde auf einer Blogger-Konferenz in Tunis öffentlich gemacht.

Die Exporte von Überwachungstechnologie sollen sich laut dem EU-Parlament an der Gewährleistung von Menschenrechten, Demokratie und Meinungsfreiheit orientieren. Ich halte das für zu wenig: Die Beispiele Dresden und Teheran zeigen, dass Innenbehörden in Demokratien wie Autokratien die Meinungsfreiheit geringschätzen, wenn ihnen einmal neue digitale Werkzeuge zur Verfügung stehen. In beiden Ländern hatte die Polizei per Funkzellenauswertung Standorte von DemonstrationsteilnehmerInnen lokalisiert und diese zur Legitimation als ‚Kriminelle‘ bezeichnet.

Polizeien und Geheimdienste haben mit Funkzellenauswertung, Ermittlungssoftware, Trojanern und Anwendungen zum Mitlesen von Internetverkehr unbemerkt massiv aufgerüstet. Nun werden wir mit der Nutzung dieser digitalen Werkzeuge konfrontiert. Anstatt wie seitens der Bundesjustizministerin einen ‚Software-TÜV‘ hierfür zu fordern, muss das digitale Arsenal der Innenbehörden schnellstmöglich heruntergefahren werden. Dies gilt auch für die ausufernden Exporte deutscher Firmen.

Ich fordere deshalb die Organisatoren der jährlichen Berliner Verkaufsmesse ‚Europäischer Polizeikongress‘ auf, kein Sponsoring mehr von Firmen entgegenzunehmen, die Trojanerprogramme oder andere Schnüffelwerkzeuge produzieren und exportieren“.