Spähaffäre: Die Linke fordert einen Schutz für Whistleblower. Soll der ehemalige NSA-Mitarbeiter in Deutschland Asyl erhalten? Debatte entbrannt.

Berlin/Aachen. Die Bundesregierung sieht trotz der neuen Spähvorwürfe gegen den US-Geheimdienst keine Veranlassung, das Gespräch mit dem Informanten Edward Snowden zu suchen. „Die Frage stellt sich für die Bundesregierung jetzt nicht“, sagte gestern Regierungssprecher Steffen Seibert. Auch der Innenexperte der Unionsfraktion, Clemens Binninger, äußerte sich skeptisch zu einer Vorladung Snowdens, der sich derzeit in Russland aufhält. Erst wenn die Bundesanwaltschaft zu dem Schluss komme, dass ein Spionageakt vorliege, könne es zu einer Aussage kommen, sagte er. Zudem sprach er sich gegen einen NSA-Untersuchungsausschuss aus.

Die Linke forderte dagegen, Snowden umgehend Asyl zu gewähren. „Es muss massiver Druck gemacht werden, dass die Überwachung der Bürger bis einschließlich Frau Merkel aufhört“, sagte die Vizefraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht. „Snowden muss sofort Asyl in Deutschland bekommen. Wir können ihm alle dankbar sein für das, was er aufgedeckt hat.“

Auch die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler forderte die geschäftsführende Bundesregierung und die SPD auf, Snowden aufzunehmen. „Er ist ein wichtiger Zeuge für die Aufklärung und Aufarbeitung der Ausspähaktionen amerikanischer Geheimdienste in Deutschland“, sagte Verbandsgeschäftsführer Reiner Braun. Ein offener Brief sei bereits an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und an den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel verschickt worden.

Hunko will europäischen Schutz

Zudem forderte Braun eine Debatte über den Schutz von Hinweisgebern in Deutschland. „Wir haben die Dimension dessen, was uns gerade geschieht, noch nicht erkannt“, sagte er. Es müsse dringend ein separates Whistleblower-Schutzgesetz verabschiedet werden. Dieses Thema und der Umgang mit den neuen Technologien sollten Braun zufolge von einer Enquete-Kommission des Bundestags geklärt werden.

Der Aachener Bundestagsabgeordnete der Linken, Andrej Hunko, sprach sich gegenüber unserer Zeitung dafür aus, Hinweisgeber wie Snowden unter den Schutz der Europäischen Menschenrechtskonvention zu stellen. Das sei deren bester Schutz. „Wenn sich ein Whistleblower künftig in Europa strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt sieht, könnte er sich jeder Zeit an den europäischen Menschenrechtsgerichtshof wenden,“ sagt Hunko. (epd/jozi)

Quelle: Aachener Nachrichten - Stadt / Titel Aachen / Seite 1