Persönliche Erklärung von Andrej Hunko, Fraktion DIE LINKE, nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum Antrag des Bundesministeriums der Finanzen zur Bewilligung von „Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik“.
Die Bundesregierung fordert die Zustimmung des Bundestages zum so genannten zweiten „Rettungspaket“ für Griechenland. Es beinhaltet die Gewährung von Finanzhilfen der EFSF an Griechenland in Form von Darlehen von bis zu 189,4 Mrd. Euro (130 Mrd. Euro neue Hilfen, 24,4 Mrd. Euro nicht ausgeschöpfte Gelder aus dem ersten Griechenland-Paket und eine Absicherung der Europäischen Zentralbank in Höhe von 35 Mrd. Euro). Deutschland übernimmt die Haftung für bis zu 38 Mrd. Euro als Sicherheit für die EFSF. Ich habe aus den folgenden Gründen gegen diese Maßnahme gestimmt:
- 1. Die „Finanzhilfen zugunsten der Hellenischen Republik“ sind in Wirklichkeit ein weiteres Bankenrettungspaket. Ziel ist die Rettung der Gläubiger und nicht der griechischen Bevölkerung. Das Geld der Steuerzahler/innen wird durch diese Maßnahmen ein weiteres Mal von Unten nach Oben umverteilt werden.
- 2. Das „Rettungspaket“ wird die Krise nicht lösen, sondern verschärfen. Schon die bisherigen Maßnahmen haben deutlich gezeigt, dass die europäische Krisenpolitik unter Führung der deutschen Bundesregierung auf dem Holzweg ist. Anstatt Auswege aus der Krise zu bieten, treibt diese falsche Politik die griechische Wirtschaft immer weiter in eine Abwärtsspirale.
- 3. Die neuen Maßnahmen sind ein offener Angriff auf die Demokratie. Die EU und allen voran die Merkel-Regierung diktieren eine fatale Politik und umgehen dabei grundlegende demokratische Verfahrensweisen. Der Verlust von Souveränitätsrechten, die Einrichtung eines Sperrkontos zur Schuldenbedienung und das Verbot von Tarifverhandlungen sind Ausdruck dieses Angriffs.
- 4. Für die griechische Bevölkerung bedeuten die mit den Finanzhilfen für die Banken verknüpften Bedingungen eine historisch beispiellose soziale Verelendung. In Zeiten wirtschaftlicher Rezession wird eine nie dagewesene Kürzungspolitik im Sozialbereich kombiniert mit massiven Lohnkürzungen, Entlassungen und Privatisierungen.
- 5. Verantwortlich für die Krise ist nicht die griechische Bevölkerung, sondern die neoliberale Wirtschaftspolitik, die faktische Enteignung großer Teile der Bevölkerung in Europa und die wiederholte „Rettung“ von Gläubigern. Anstatt die Profiteure der Krise sowohl in Griechenland als auch in Deutschland zur Kasse zu bitten, werden die Krisenlasten der Bevölkerung in Griechenland, Deutschland und ganz Europa aufgeladen.
Andrej Hunko, 27.02.2012