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Rede von Andrej Hunko (DIE LINKE) im Bundestag am 18.09.2020 zur Debatte über Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Europa
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rechtsstaatlichkeit bedeutet die Bindung staatlicher Instanzen an die eigenen Regeln, an die Grundrechte. Sie beinhaltet die Unabhängigkeit der Justiz und die Einklagbarkeit von Grundrechten. Das ist auch für uns als Linke essenziell und nicht verhandelbar.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist richtig, Herr Staatsminister Roth, dass wir eine Erosion von Rechtsstaatlichkeit international, aber auch innerhalb der Europäischen Union erleben; im Antrag der Koalitionsfraktionen sind die Länder Ungarn und Polen genannt. Ich will hinzufügen, dass eine ähnliche Entwicklung wie in Ungarn gegenwärtig in Slowenien droht, wo ein Orban-Mann seit Anfang des Jahres Regierungschef ist. Auch darauf sollten wir etwas genauer schauen.
Ich will aber sagen, dass es vor allen Dingen die CDU/CSU hier im Haus war, die bislang verhindert hat, dass bestehende Instrumente, die es ja gibt, angewendet werden. Die Fidesz-Partei von Orban ist nach wie vor Mitglied der Fraktion im Europaparlament. Im Europarat wurde durch eine intensive Intervention der CDU/CSU verhindert, dass es ein Monitoringverfahren gegen Ungarn gibt – das ist ein niedrigschwelliges Instrument –; es gab eine Mehrheit im Ausschuss, dann wurde es im Plenum gekippt. Weiter hat es die Kommissionpräsidentin von der Leyen bis zuletzt zugelassen, dass der EU-Kommissar aus Polen gegen den Code of Conduct der Kommission verstoßen und im Wahlkampf Wahlwerbung für den PiS-Kandidaten Duda gemacht hat. All das ist inakzeptabel. Ich finde, man muss politisch in erster Linie im Rahmen der bestehenden Instrumente gegen eine Erosion der Rechtsstaatlichkeit vorgehen.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Antrag stehen durchaus sehr gute Sachen. Ich will explizit die Notwendigkeit des Beitritts der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention erwähnen, was bis jetzt immer noch nicht passiert ist. Auch das ist Teil der Rechtsstaatlichkeit der EU. Das wäre sehr wichtig.
Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht, der nichts weiter besagt – Stichwort: Anwendung des Artikel 7 Absatz 1 EUV –, als dass die Gefahr besteht, dass in Ungarn und in Polen Rechtsstaatlichkeit verletzt wird; nichts weiter. Ich finde, diesem Änderungsantrag kann man zustimmen. Das würde dieser Debatte sehr viel mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Dann würden wir dem Koalitionsantrag sogar zustimmen; andernfalls würden wir uns enthalten.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle: Plenarprotokoll 19/177 vom 18. September 2020
Siehe auch:
- Pressemittteilung vom 18.09.2020: Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit: Vorhandene EU-Instrumente nutzen und politische Rücksichtnahme beenden