Zum Ausgang des Referendums in Irland erklärt Andrej Hunko, Mitglied des Landesvorstandes DIELINKE. NRW: Das deutliche Nein der Irinnen und Iren zum Lissabon-Vertrag spricht Hunderten Millionen Menschen in Europa aus dem Herzen. In allen anderen Ländern der EU sollte dieser weitreichende Vertrag ohne demokratische Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern durchgewunken werden, obwohl ein fast gleichlautender Verfassungsvertrag vor drei Jahren von den Menschen in Frankreich und den Niederlanden ebenso deutlich abgelehnt wurde.
Das Ergebnis zeigt auch die tiefe Kluft, die zwischen den Menschen in Europa auf der einen Seite und der politischen Klasse auf der anderen Seite besteht. In Deutschland hatte lediglich die Linksfraktion im Bundestag gegen den Vertrag gestimmt.
Anstatt nun die irische Bevölkerung zu beschimpfen oder das "störrische Stimmvieh" nach einer Anstandsfrist erneut zur Urne zu bitten, sollten die EU-Politiker sich endlich mit der inhaltlichen Kritik auseinandersetzen: Umfragen in Irland haben gezeigt, dass neben der Undurchsichtigkeit des Vertragswerkes vor allem die militaristische Ausrichtung als Grund für die ablehnende Haltung genannt wurde. So sollte im Lissabon-Vertrag eine Aufrüstungsverpflichtung für alle Mitgliedsstaaten festgeschrieben werden und eine enge NATO-EU-Kooperation vertraglich zementiert werden. Dies stieß in Irland mit seiner langen Tradition der militärischen Neutralität auf breite Ablehnung.
Die LINKE NRW begrüßt das irische Nein und hat die NO-Kampagne tatkräftig unterstützt: Am vergangenen Wochenende war ich im Auftrag des Landesverbandes in Dublin auf den Straßen und habe gemeinsam mit der "Campaign against the EU constitution" auf den Straßen in Dublins für ein Nein geworben. Ich war sehr positiv überrascht von dem großen Interesse und an dem breiten Kenntnis gerade der in Deutschland weitgehend unbekannten militärischen Komponenten des Lissabon-Vertrages. "Yes to Europe - no to Lisbon" war die verbreiteste Haltung.
Die Krise, die die Ablehnung des Lissabon-Vertrages innerhalb der EU nun auslöst, bietet auch die Chance eine Debatte darüber zu beginnen, in welche Richtung die EU sich entwickeln soll: Zu einer neoliberalen Militärunion mit dem Abbau sozialer Standards in den Mitgliedsstaaten und einem immer agressiveren Auftreten in der Welt oder in Richtung eines sozialen und friedlichen Europas. Letzteres setzt die Streichung der militärischen Komponenten des Vertrages und der Ausrichtung auf eine neoliberale "Wettbewerbswirtschaft" ebenso voraus, wie die einklagbare Verankerung von sozialen und demokratischen Grundrechten. Es ist allerdings zu befürchten, dass die politische Klasse in Brüssel genau das verhindern will.