„Heute diskutieren die EU-Innenminister in Brüssel über das Projekt ‚Interoperabilität‘. Diese vom Bundesinnenministerium vorangetriebene Zusammenlegung biometrischer Datenbanken birgt unabschätzbare Gefahren für Bürgerrechte und Datenschutz: Alle EU-Polizeidatenbanken mit Fingerabdrücken und Gesichtsbildern werden neu geordnet, die automatisierte Verarbeitung erleichtert, der Kreis der Zugriffsberechtigten erhöht. Auf diese Weise entsteht ein Bevölkerungsscanner, der Angehörige von Drittstaaten und EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen betrifft“ warnt der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko.
Die Europäische Union führt mit zwei neuen Verordnungen zur „Interoperabilität“ biometrische Daten des Schengener Informationssystems (SIS II), Visa-Informationssystems (VIS), Fingerabdruckdatei Eurodac, Strafregisters (ECRIS) sowie des geplanten Ein-/ Ausreisesystems (EES) zusammen. In einem neuen „Gemeinsamen Identitätsspeicher“ wird jede erfasste Person in einer „individuellen Datei“ gespeichert. Ein ebenfalls neues „Europäisches Suchportal“ soll eine Abfrage bei Europol und Interpol erleichtern.
Andrej Hunko weiter:
„Die zuständigen deutschen Behörden haben die Umsetzungserfordernisse zur ‚Interoperabilität‘ noch nicht geprüft. Die neuen Systeme sollen jedoch in zwei Jahren in Betrieb gehen. Ich gehe deshalb davon aus, dass sich das Projekt massiv verzögert und damit auch verteuert.
Die Bundesregierung hat erst jetzt einen Steuerungskreis zur behördenübergreifenden Koordinierung der ‚Interoperabilität‘ eingerichtet. Weder haben die beteiligten Behörden mit der Gewinnung des in großem Umfang benötigten Personals begonnen, noch wurden die in den Verordnungen versprochenen Handbücher erstellt. Auch auf EU-Ebene verläuft die Umsetzung schleppend.
Das Projekt ‚Interoperabilität‘ ist ein Milliardengrab und nützt vor allem der Industrie. Die Linksfraktion steht der Nutzung biometrischer Daten grundsätzlich skeptisch gegenüber. Das betrifft besonders die ebenfalls geplante erweiterte Gesichtserkennung in den EU-Datenbanken. Bevor solche Mega-Projekte gestartet werden, braucht es eine vernünftige Folgenabschätzung. Hier müssen vor allem Nichtregierungsorganisationen gefragt werden.“
Download der Antwort auf die Kleine Anfrage „Umsetzung der neuen EU-Verordnungen zur ‚Interoperabilität‘“: https://www.andrej-hunko.de/start/download/dokumente/1419-umsetzung-neuer-eu-verordnungen-zur-interoperabilitaet