Persönliche Erklärung von Andrej Hunko, Fraktion DIE LINKE, nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Abstimmung über eine Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung – SchAusnahmV), Drucksachen 19/29257, 19/29397:
Ich habe bei der heutigen o. g. Abstimmung im Bundestag mit JA gestimmt. Dazu bewogen hat mich die folgende Abwägung:
- Diverse Grundrechte wurden mit der Begründung eingeschränkt, das Infektionsgeschehen des Coronavirus SARS-CoV2 einzudämmen. Grundlage hierfür war die Tatsache, dass Menschen das Virus übertragen können. Dies gilt nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen für vollständig Geimpfte und für jene, die eine natürliche Immunität durch Infektion aufgebaut haben, zumindest für einen erheblichen Zeitraum nur noch in einem zu vernachlässigendem Ausmaß.
- Die durch das Grundgesetz garantierten Grundrechte sind kein Privileg, das vom Staat nach eigenen Erwägungen gewährt wird. Sie können lediglich in einer Ausnahmesituation begründet eingeschränkt werden, wenn dies verhältnismäßig ist und wenn die Maßnahmen geeignet sind. Dies ist im genannten Fall nicht mehr gegeben. Deshalb müssen die Einschränkungen zurückgenommen werden.
Ich sehe dennoch einige Probleme und Schwächen der Regelung, die ich an dieser Stelle erwähnen möchte:
- Die Rücknahme der Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte und Genesene ist verfassungsrechtlich zwingend. Alle Einschränkungen müssen darüber hinaus so schnell wie möglich für alle aufgehoben werden, sobald dies unter Abwägung epidemiologischer, gesellschaftlicher und anderer Gesichtspunkte verantwortbar ist. Dieser Punkt ist meines Erachtens spätestens erreicht, wenn allen „Impffähigen“ ein Impfangebot gemacht wurde – unabhängig davon, ob sie es annehmen.
- Die aktuell getroffenen Regelungen dürfen nicht dazu beitragen, die Wiederherstellung aller Grundrechte für Alle zu verzögern. Diese Gefahr allein rechtfertigt jedoch nicht die Einschränkungen für jene, die nur äußerst unwahrscheinlich eine relevante Rolle im Pandemiegeschehen spielen.
- Ich wende mich ausdrücklich gegen eine direkte oder indirekte Impfpflicht, wie es auch die Parlamentarische Versammlung des Europarates in Resolution 2361(2021) festgestellt hat. Darin fordert der Europarat, „sicherstellen, dass die Bürger darüber informiert werden, dass die Impfung nicht verpflichtend ist und dass niemand unter politischen, sozialen oder sonstigen Druck gesetzt wird, sich impfen zu lassen, wenn er dies nicht möchte“. Deshalb trete ich dafür ein, dass die Regelungen im selben Maße für Geimpfte, Genesene und (kürzlich) Getestete gelten müssen. Hier greift die Verordnung in Bezug auf Getestete und die Zeiträume für Genesene zu kurz.
Andrej Hunko, 6. Mai 2021