Am 7. September wurde im Bundestag ein weiteres Mal über Änderungen am Infektionsschutzgesetz abgestimmt. Erneut wurden diese Änderungen völlig intransparent, fast ohne Diskussion und durch die "Hintertür" in einem anderen Gesetzentwurf versteckt, vorgenommen - dieses Mal im Gesetz für den Aufbaufonds für Flutgebiete (Drucksachen 19/32039 und 19/32275). Ich habe aus den folgenden Gründen mit NEIN gestimmt - genau wie der Rest der Fraktion DIE LINKE (siehe Abstimmungsergebnis). Hier meine Beweggründe:
- Es ist inakzeptabel, dass die Änderungen am IfSG erneut in völlig intransparenter Weise über eine Hintertür in einem anderen Gesetz realisiert wurden – in diesem Fall das Aufbauhilfefonds-Errichtungsgesetz. Derartig wichtige Themen müssen transparent und mit ausreichend Zeit diskutiert und dann abgestimmt werden. Dies war nicht gegeben, was schon allein eine Ablehnung begründen würde. Unter anderem auf Druck der LINKEN im Bundestag wurde die Abstimmung zumindest getrennt, so dass sie nicht mehr mit dem Aufbauhilfefonds gekoppelt ist.
- Die Einführung einer generellen Pflicht, bei Einreise nach Deutschland einen Test-, Impf- oder Genesenennachweis vorweisen zu können, ist nicht zeitgemäß. Durch die gesamte Pandemie-Zeit hindurch wurde diese Pflicht vom Infektionsgeschehen im Land vor der Einreise abhängig gemacht. Jetzt, wo anders als zuvor der Großteil der Bevölkerung gegen schwere Verläufe von Covid19 geschützt ist, stellt eine solche Regelung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte dar.
- Die ohne ausreichende parlamentarische Debatte eingefügte Erlaubnis für Arbeitgeber, den Impfstatus von Beschäftigten abzufragen und davon die Beschäftigung abhängig zu machen, lehne ich in dieser Form ab. Es gibt große Zweifel in Bezug auf die Datenschutzkonformität einer solchen Regelung und ob sie zum aktuellen Zeitpunkt geeignet, notwendig und verhältnismäßig ist, um die Pandemie zu bewältigen. Die Entscheidung, sich mit den neuen Impfstoffen gegen Covid19 impfen zu lassen, muss eine persönliche Entscheidung sein. Um höhere Impfquoten zu erreichen, ist nicht Druck, sondern sind Überzeugung und transparente Kommunikation die richtigen Mittel.
- Die Abkehr von der Sieben-Tage-Meldeinzidenz als alleinigen Maßstab für die teils gravierend in die Grundrechte eingreifenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie begrüße ich. Ich bekräftige, was ich bei der IfSG-Änderung im April gesagt habe: „Es ist Ausdruck des politischen Versagens der Bundesregierung, dass nach einem Jahr Pandemie noch immer kein verlässliches Instrument zur Darstellung des Infektionsgeschehens etabliert wurde. Regelmäßige repräsentative Stichprobentestungen könnten dieses Problem beheben. Aus mir unerfindlichen Gründen wird sich aber weiter auf die äußerst ungenaue Sieben-Tage-Inzidenz gestützt. Diese wird mit zunehmender Impfung der Risikogruppen außerdem immer weniger aussagekräftig und müsste differenziert nach Alterskohorten betrachtet werden.“
All diese Erwägungen zusammengenommen lassen mich zu dem Ergebnis kommen, die Änderungen abzulehnen.
Weitere Erklärungen zur Pandemie-Politik:
- 25.03.2020: Solidarität und Demokratie in Zeiten der Coronakrise
- 17.11.2020: Zum dritten Bevölkerungsschutzgesetz
- 16.04.2021: Zielgenaue Pandemiebekämpfung statt autoritärer Symbolpolitik
- 06.05.2021: Persönliche Erklärung zur Abstimmung über die Rücknahme von Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte, Genesene und Getestete