Aus welchem Grund hat der Bundesminister des Auswärtigen, Heiko Maas, bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Ankara nicht auf die Aussage seines türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlureagiert, der Griechenland schon vorab die „Verantwortung für jegliche Spannung zwischen unseren beiden Ländern“ gab, was in Griechenland nach meiner Ansicht verständlicherweise als Affront aufgefasst wurde („Griechische Politikerin: Maas soll sich erklären“, euractiv.de, 20. Januar 2021), und in welcher Form hat der Bundesaußenminister – auch in seiner Eigenschaft als derzeitiger Vorsitzender des Ministerkomitees des Europarats – bei seinen Gesprächen die Nichtumsetzung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrecht durch die Türkei kritisiert („EGMR-Urteil ignoriert: Türkei lässt Oppositionspolitiker Demirtas nicht frei“, „Der Standard“, 26. Dezember 2020)?
Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE):
Die von der griechischen Abgeordneten Bakogiannis kolportierten Äußerungen des türkischen Außenministers gegenüber Griechenland sind in dieser Form in der genannten Pressekonferenz nicht geäußert worden. Frau Bakogiannis hat dies auch inzwischen eingeräumt. Die Bundesregierung und der Bundesminister des Auswärtigen, Heiko Maas, haben sich während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im letzten Jahr intensiv für eine Deeskalation der Lage im östlichen Mittelmeer und ein konstruktives Verhältnis der Europäischen Union zur Türkei eingesetzt. Dies wird die Bundesregierung auch weiterhin tun. Mit diesem Ziel ist Bundesaußenminister Maas am Montag der letzten Woche zu einem Treffen mit dem türkischen Außenminister Cavusoglu nach Ankara gereist.
Details von konkreten Gesprächsinhalten zwischen den Außenministern sind vertraulich, aber die Bundesregierung betont hiermit, dass die Stärkung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie die Umsetzung seiner Urteile Prioritäten des deutschen Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarates sind. Daher dringt die Bundesregierung regelmäßig in öffentlichen Erklärungen sowie in bilateralen Gesprächen auf die konsequente Umsetzung seiner Urteile.
Die Bundesregierung hat die Türkei darüber hinaus wiederholt nachdrücklich aufgefordert, ihre Verpflichtungen aus der EMRK umzusetzen. Dazu gehört auch die Freilassung von Selahattin Demirtas und Osman Kavala.
Quelle: Plenarprotokoll 19/205 vom 27. Januar 2021