Nach der Bekanntgabe, dass unter anderem der ukrainische Journalist Ruslan Kotsaba mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet werden soll, sind Vorwürfe gegen ihn laut geworden, die ihn des Antisemitismus bezichtigen. Grundlage ist ein Auszug aus einem Video, das er 2011 im Internet veröffentlicht hatte.
Wir haben Ruslan Kotsaba für den Friedenspreis vorgeschlagen und erklären hierzu:
- Bis zur Bekanntgabe war uns das Video nicht bekannt. Wir haben die Übersetzung prüfen lassen und es wurde uns bestätigt, dass die deutschen Untertitel den Inhalt seiner Aussagen korrekt wiedergeben.
- Die Aussagen Kotsabas in dem Video sind völlig inakzeptabel und wir weisen sie zurück. Jüdinnen und Juden auch nur die geringste Mitschuld am Holocaust zu geben ist ein leider, besonders auch in der Ukraine, weit verbreitetes Bild, das antisemitische Argumentationen bedient. Das ändert nichts daran, dass es grundfalsch ist.
- Wir hatten Ruslan Kotsaba in erster Linie vorgeschlagen, weil uns sein politischer Wandel beindruckt hat. Er kommt aus der Westukraine und vertrat bis etwa 2014 auch für uns fragwürdige politische Positionen. Er war dann Unterstützer des Maidan, der zum Sturz von Präsident Janukowitsch führte und in dessen Folge der Krieg im Osten der Ukraine entstand. Durch die Auseinandersetzung mit dem Krieg haben sich seine politischen Überzeugungen in vielen Bereichen verändert. So wurde er von einem moderat nationalistisch eingestellten Ukrainer zu einem entschlossenen Kriegsgegner und Pazifisten. Antisemitische Äußerungen von ihm waren uns nicht bekannt. Aufgrund des beschriebenen Wandels und seines öffentlichen Eintretens gegen den Krieg war er massiven Anfeindungen bis hin zu physischen Angriffen von Rechtsextremisten ausgesetzt und wurde fast zwei Jahre inhaftiert. Dies war unsere wesentliche Motivation, Ruslan Kotsaba für den Aachener Friedenspreis vorzuschlagen.
- Ruslan Kotsaba hat uns gegenüber und in einer kurzen Erklärung, die wir am Ende dokumentieren, versichert, dass er die Aussagen aus seinem Video von 2011 bedauert und sich von diesen distanziert. Wir halten diese Erklärung für glaubwürdig, auch aufgrund der zuvor beschriebenen Veränderung seiner Ansichten in anderen politischen Fragen. Wir sind deshalb der Meinung, dass er den Aachener Friedenspreis verdient hat.
Andrej Hunko und Darius Dunker, 9. Mai 2019
Erklärung von Ruslan Kotsaba:
Die Übersetzung des Videos ist korrekt und ich habe diese Aussagen 2011 gemacht. Zwar sind die Aussagen dadurch aus dem Kontext gerissen, dass der Rest meines Beitrages entfernt wurde. Das macht sie aber nicht richtig. Ich habe deshalb bereits vor mehreren Jahren die Stelle aus dem Video entfernt. Auch wenn sie eine für die Westukraine typische Sicht darstellt, ist sie falsch. Dies möchte ich hiermit noch einmal bekräftigen.
Ich habe durch meine Politisierung im Kontext des Krieges in der Ostukraine viele meiner Einstellungen überdacht und geändert. Dazu gehört auch die Aussage von 2011, die in nicht akzeptabler Weise den Juden Verantwortung für den Aufstieg des Faschismus in Deutschland und des Kommunismus in Osteuropa gibt. Ich bedaure es heute, diese Aussage gemacht zu haben und bitte diejenigen, die sich durch sie verletzt gefühlt haben, um Verzeihung.
Ruslan Kotsaba, 9. Mai 2019