Rede von Andrej Hunko in der Bundestags-Debatte am 10.10.24 zur Finanzierung der Pflegeversicherung
Die Pflege ist die soziale Frage unserer Zeit, deswegen ist der drohende Finanzkollaps der Pflegeversicherung alarmierend. Dabei muss man auf den Grund der aktuellen Schieflage eingehen: In der Coronazeit wurden den Pflegekassen durch den Bund 6 Mrd. Euro entnommen und bis heute nicht zurückgezahlt. Dieser Missbrauch muss sofort gestoppt werden. Die Pflege muss aber auch langfristig auf seriöse finanzielle Basis gestellt werden: Anstatt Beiträge der Versicherten zu erhöhen und in die Taschen der Steuerzahler zu greifen, sind die fehlenden Mittel aus dem Bundeshaushalt zu besorgen.
Andrej Hunko (BSW):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Pflege ist in der Tat die soziale Frage unserer Zeit. Deswegen ist die Ankündigung „drohender Finanzkollaps der Pflegeversicherung“ natürlich alarmierend, und es ist auch richtig, dass wir heute darüber diskutieren. Aber über den akuten Grund der aktuellen finanziellen Schieflage der Pflegeversicherung wurde hier sehr wenig gesagt. Es ist nach wie vor so, dass während der Coronazeit 6 Milliarden Euro aus den Pflegekassen für versicherungsfremde Zwecke entnommen wurden – zum Teil noch unter dem Vorgänger von der CDU/CSU –,
(Zuruf von der SPD: So ist es!)
aber nicht aus dem Bundeshaushalt wieder an die Pflegeversicherungen zurückgezahlt wurden; das steht bei euch im Koalitionsvertrag, aber ihr macht es nicht. Herr Lauterbach, Sie sollten dieses Geld an die Pflegeversicherungen zurückzahlen. Damit gäbe es zumindest in dieser akuten Situation etwas Entlastung; aber natürlich ist das keine langfristige Lösung.
(Beifall beim BSW)
Stattdessen sollen jetzt in naher Zukunft die Sozialabgaben erhöht werden, und das würde – nach den Zahlen, die jetzt veröffentlicht wurden – für jeden durchschnittlichen Verdiener in Deutschland 95 Euro mehr pro Monat, das heißt, über 1 000 Euro mehr pro Jahr bedeuten. Das heißt, statt die finanzielle Schieflage aus dem Bundeshaushalt auszugleichen – was eigentlich notwendig ist –, wird in die Taschen der Steuerzahler und der Versicherten bzw. der Pflegeversicherungsbeitragszahler gegriffen. Wir halten das für falsch.
(Beifall beim BSW)
Es gibt eine Studie von Professor Dagmar Felix der Universität Hamburg, die sich genau mit diesem Thema auseinandersetzt. Sie geht davon aus, dass dieser Eingriff, dieser Missbrauch der Pflegegelder verfassungswidrig ist; eine entsprechende Klage wurde angedeutet.
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Andrej Hunko (BSW):
Es wäre besser, dieser Klage zu entgehen und die 6 Milliarden Euro zurückzuzahlen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall beim BSW)