„Die Vorstöße zur schnellen Herausgabe elektronischer Beweismittel haben weitreichende Auswirkungen auf die Telekommunikation und dürfen nicht voreilig verhandelt werden. Die Bundesregierung muss deshalb beim Rat der Europäischen Union und im Europarat auf die Bremse treten und zuerst den Dialog mit Bürgerrechtsorganisationen suchen. Es ist nicht hinnehmbar, dass eine Behörde zur Strafverfolgung Inhaltsdaten von einem Provider abfragen darf, wenn eine Strafbarkeit nur im Anordnungsstaat vorliegt. Bei der Festnahme von Carles Puigdemont in Deutschland haben wir gesehen, wie wichtig das Prinzip der beiderseitigen Strafbarkeit für die EU-Rechtshilfe ist“, kritisiert der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko.
Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag für eine „E-Evidence“-Verordnung vorgelegt, die nun von Parlament und Rat diskutiert wird. Mit einer „Herausgabeanordnung“ könnten Cloud-Daten oder E-Mails beschlagnahmt werden. Internetanbieter erhalten zuerst eine „Sicherungsanordnung“. Damit die Verordnung auch in den USA gültig ist, will die Kommission zur Teilnahme am dort erlassenen „CLOUD Act“ verhandeln. Zusätzlich arbeitet auch der Europarat an der schnelleren Herausgabe „elektronischer Beweismittel“. Bis Dezember soll eine Arbeitsgruppe einen Vorschlag für ein Zusatzprotokoll der Budapest-Konvention erarbeiten.
Andrej Hunko weiter:
„Statt einer EU-Verordnung könnte die Herausgabe elektronischer Beweismittel auch als Richtlinie gefasst werden. Dann dürften die beteiligten Staaten Gesetze zur Umsetzung erlassen und sich auf Straftaten einigen, bei denen eine schnellere Kooperation gewünscht ist. Bis dahin könnten die bereits vorhandenen Mittel genutzt werden. Die Europäische Union hat beispielsweise eine Richtlinie zur Sicherung von Beweismitteln erlasen, die auch für das Internet gilt, allerdings längere Fristen vorsieht. Eine neue Verordnung braucht es deshalb aber nicht.
Die Bundesregierung präsentiert sich als Hüterin der Bürgerrechte und schreibt, sie habe im Verordnungsentwurf Verbesserungen erreicht. Allerdings ist das vom Bundesministerium der Justiz hineinverhandelte Notifikationsverfahren zahnlos, denn eine echte Widerspruchmöglichkeit fehlt. Der Staat, auf dessen Hoheitsgebiet der betroffene Provider sein Büro hat, darf lediglich Einwände vortragen. Wichtiger wäre aber dass die Regierung, deren Staatsangehörigkeit die betroffene Person innehat, über die Maßnahme informiert wird. Auch der Staat, auf dessen Territorium die beschlagnahmten Daten gespeichert sind, müsste in die Rechtshilfe eingebunden werden.“
Download der Antwort auf die Kleine Anfrage „Vereinbarkeit der Initiativen der EU-Kommission und des Europarates zur Herausgabe von im Internet gespeicherten persönlichen Daten“: https://www.andrej-hunko.de/start/download/dokumente/1314-vereinbarkeit-der-initiativen-der-eu-kommission-und-des-europarates-zur-herausgabe-von-im-internet-gespeicherten-persoenlichen-daten