Andrej Hunko

BSW Regionalkoordinator für Aachen,Städteregion Aachen und die Kreise Düren, Heinsberg & Euskirchen

 

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Europarat fordert weitere Untersuchungen zur Schweinegrippe-Pandemie

In der vergangenen Woche verabschiedeten die Parlamentarier des Europarates in Straßburg einen kritischen Bericht über die Grippepandemie H1N1. In dem fordern sie, alle Umstände offenzulegen, die es Pharmakonzernen ermöglicht hätten, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Ausrufung der höchsten Pandemiestufe zu veranlassen, obgleich der Verlauf der Krankheit eher harmlos war und sich Millionen Impfdosen lediglich als Finanzspritzen für die Hersteller bewährten.

Die Aufregung um die Schweinegrippe ist seit Monaten passé, als Abgesandte nationaler Parlamente im Europarat in der vergangenen Woche auf dem Flughafen im französischen Straßburg landen und einen großen Aufsteller passieren, der vor den Gefahren des H1N1-Virus warnt. Hat man vergessen, das Plakat wegzuräumen? Aber nein, die Pandemiestufe 6 – ausgerufen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor ungefähr einem Jahr – ist immer noch in Kraft, obwohl sich längst herausgestellt hat, dass es sich um eine besonders milde Form der saisonalen Influenza handelte und sich immer mehr der Verdacht erhärtet, dass die Impfstoffhersteller hinter der ganzen Aktion stecken.

Für Andrej Hunko, Bundestagsabgeordneter der LINKEN und Mitglied der deutschen Delegation im Europarat, stellt sich die Frage, ob die Schweinegrippe-Pandemie eine besonders geschickte Marketingstrategie war, ein Betrug der Pharma- und Impfstoffindustrie – auf Kosten der Menschen, der öffentlichen Haushalte und nicht zuletzt auch der WHO. »Millionen Tote wurden prognostiziert«, sagt er in der Ratsversammlung am vergangenen Donnerstag in Straßburg. »Die Menschheit wurde in beispielloser Weise in Angst und Schrecken versetzt.« Mehrere 10 Milliarden Euro seien weltweit in den Kauf von Impfdosen gesteckt worden. In Deutschland schätze man die zusätzlichen Kosten in den öffentlichen Haushalten auf ungefähr eine Milliarde Euro.«

Die Menschen in Deutschland blieben allerdings gelassen. Hier haben sich nach Angaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) nur 12 Prozent der Patienten mit Grunderkrankungen sowie 16 Prozent der Ärzte und des Pflegepersonals gegen das Virus immunisieren lassen, am geringsten war die Quote mit 5 Prozent in Bayern, am höchsten mit 26 Prozent im Saarland. Da die Bundesländer für ein Drittel der Bevölkerung Impfstoffe anschafften, sitzen sie nun auf teuer bezahlten Vorräten, die niemand benötigt. Ihre Anschaffung wurde übrigens in Verträgen zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit und den Bundesländern mit dem Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GKS) vereinbart – lange vor der Ausrufung einer Pandemie, streng auf Geheimhaltung bedacht und so abgefasst, dass die Risiken sämtlich bei der öffentlichen Hand lagen, während bei GKS die Kasse klingelte. Andrej Hunko hat die Verträge im Netz gefunden, zugänglich gemacht von sogenannten Whistleblowers. Für ihn sind diese Papiere ein Schlüssel zum Verständnis dessen, was später passierte. In ihnen ist genau aufgelistet, wie viele Impfdosen während der höchsten Pandemiestufe von den Ländern gekauft werden müssen.

Wären allerdings die Kriterien für die Ausrufung der Pandemiestufe 6 nicht vor einem Jahr geändert worden, hätte es niemals eine so gigantische Impfstoffproduktion gegeben und GKS hätte nicht allein mit Impfstoffen gegen die Schweinegrippe Erlöse von fast 870 Mio. Euro erzielen können. Auch Novartis, ein anderer Hersteller, meldete Rekordgewinne. Das war nur möglich, weil die WHO 2009 ihre Kriterien für die höchste Pandemiestufe änderte – in den Augen vieler Kritiker ein von Pharmalobbyisten lancierter Vorgang. Fortan war nicht mehr der Schweregrad einer Erkrankung ein Kriterium, sondern nur noch deren Ausbreitung. Der Schalter, so der Linkspolitiker Hunko, war umgelegt und eine Kaskade zweifelhafter Maßnahmen nahm ihren Anfang.

Mit Hunko bedauern zahlreiche andere Europaratsparlamentarier, dass die WHO, die in der Vergangenheit viel zur Ausrottung bedrohlicher Krankheiten beigetragen hat, zunehmend unter den Einfluss privater Wirtschaftsunternehmen gerät. Der kritische H1N1-Bericht des britischen Sozialisten Paul Flynn, der nahezu einstimmig angenommen wurde, fordert Aufklärung und Maßnahmen, die solche Szenarien in Zukunft verhindern. Doch bisher hat die WHO ihre Berater nicht offenbart, obwohl bereits einige Medien Namen von Lobbyisten nannten, die auf Pharmagehaltslisten standen und gleichzeitig die WHO berieten. Auch das EU-Parlament konnte sich nicht zu einer Kritik der Verfahrensweise durchringen. Während in Frankreich, Großbritannien und Ungarn Ausschüsse die Pandemieausrufung untersuchen sollen, in Belgien von einer Initiative der Rücktritt der Gesundheitsministerin gefordert wird und neben Andrej Hunko auch Kathrin Vogeler von der LINKEN im Bundestag einen Untersuchungsausschuss fordert, ist vom Bundesgesundheitsministerium in Berlin vermutlich kein Beitrag zur Aufklärung zu erwarten. Es hat den Parlamentariern des Europarates die Ablehnung des Flynn-Berichtes empfohlen.

Der Bericht

Initiiert hat den kritischen Bericht zur Schweinegrippe im Europarat der frühere Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wodarg (SPD). Der Arzt und Epidemiologe war bis vor einigen Monaten selbst Mitglied der Parlamentarier-Versammlung. In diesem Monat wurde er in den Vorstand der Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland gewählt. Wodarg und andere Kritiker werfen der UN-Behörde vor, die Schweinegrippe voreilig zur Pandemie erklärt zu haben. Abgeordnete aus 47 Europaratsländern stimmten dem Bericht am 24. Juni in Straßburg zu und forderten Aufklärung von der Weltgesundheitsorganisation und den europäischen Regierungen.

Silvia Ottow (Neues Deutschland)

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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