Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Andrej Hunko wirbt dafür, das Recht auf Whistleblowing gesetzlich zu verankern

Aachen/Straßburg. Für Andrej Hunko ist Edward Snowden ein Held. Allerdings ein schutzloser Held. Sogenannte Whistleblower wie der 29-jährige Amerikaner, der mit seinen Hinweisen auf die Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA die weltweite Abhör-Affäre ins Rollen gebracht hat, müssten auch in Europa mit harten Strafen rechnen, wenn sie öffentlich machen, dass staatliche Stellen Menschenrechte, Grundrechte oder internationales Völkerrecht verletzen, sagt der Aachener Bundestagsabgeordnete der Linken.

Er beklagt: „Die Enthüllungen bewerten wir positiv, aber die Enthüller lassen wir im Regen stehen.“ Um das zu ändern, hat Hunko bereits vor Monaten eine Initiative gestartet. Ihr Ziel ist es, den Schutz von Whistleblowern in die Europäische Menschenrechtskonvention aufzunehmen.

Anstoß zu Hunkos Initiative war der Fall Bradley Manning. Der 25-Jährige ist im August von einem US-Militärgericht zu 35 Jahren Haft verurteilt worden, weil er unter anderem Filmaufnahmen von amerikanischen Kriegsverbrechen im Irak der Internet-Plattform Wikileaks zugespielt hatte. „Leute wie Manning oder Snowden sind keine Verräter. Im Gegenteil: Wir haben ihnen sehr viel zu verdanken“, sagt Hunko. „Sie machen es nämlich für Staaten deutlich schwerer und riskanter, Verstöße gegen Menschenrechte zu verheimlichen.“ Hunko ist deshalb überzeugt: „Wer die Bindung an Recht und Gesetz auch für staatliche Täter und Organisationen effektiv durchsetzen will, muss Whistleblowern aus dem Militär- und dem Geheimdienstbereich eine Schutzgarantie geben.“ Dies sei keine Aufgabe, die allein in nationaler Verantwortung liege. „Wir sollten die Garantie europäisch absichern.“

Viele Unterstützer

Aus diesem Grund schlägt Hunko vor, das Recht auf Whistleblowing in der Europäischen Menschenrechtskonvention zu verankern. Für Enthüller sei das der beste Schutz. „Die Konvention wird nämlich vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof überwacht“, sagt Hunko. „Wenn sich ein Whistleblower künftig strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt sieht, dann kann er sich jeder Zeit an dieses Gericht wenden.“

Mit seiner Initiative ist Hunko an die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung herangetreten, der er selbst für die Linke angehört. In ihr sitzen Abgeordnete aus den Parlamenten von 46 europäischen Staaten. Quer durch alle Fraktionen hat der Aachener inzwischen Unterstützer gefunden. „Es sind so viele Unterschriften zusammengekommen, dass jetzt der Rechtsausschuss der Parlamentarischen Versammlung aktiv wird,“ sagt Hunko. „Er soll einen Bericht erstellen und Empfehlungen an die Regierungen erarbeiten.“ Der ganze Prozess könne ein bis zwei Jahre dauern.

Und bis dahin? Hunko erneuert seine Forderung, Deutschland solle Snowden Asyl gewähren. Ähnliches fordern seit Monaten die Grünen. Auch einige Sozialdemokraten scheinen sich inzwischen diesem Gedanken vorsichtig anzunähern. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Thomas Oppermann (SPD), hat sich jedenfalls dafür ausgesprochen, den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter in einem möglichen Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre als Zeugen zu hören. Sollte Snowden nach Deutschland kommen, könne er nicht an die USA ausgeliefert werden, betonte Oppermann vor wenigen Tagen.

Von Joachim Zinsen

Quelle: Aachener Nachrichten, 29.10.2013 - Stadt / Blickpunkt / Seite 2

 

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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