Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

https://www.youtube.com/watch?v=6GrhjMuIn64

Ungarn ist derzeit das negativste Beispiel für den Missbrauch der Corona-Pandemie zur Einschränkung von Grundrechten. CDU und CSU stützen weiter ihren Parteifreund Viktor Orbán, der hierfür die Verantwortung trägt. Die AfD inszeniert sich in Deutschland als Verteidigerin von Grundrechten, während sie Orban anhimmelt. Das ist Doppelmoral! Anstatt auf politisch wie juristisch fragwürdige Instrumente wie die Grundwerteinitiative zu setzen, muss für den Kampf um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zunächst einmal diese Kumpanei mit den Autokraten Europas beendet werden.

Rede von Andrej Hunko (DIE LINKE) im Bundestag am 14.05.2020 zum Tagesordnungspunkt "Für eine europäische Grundwerteinitiative"

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von allen Gesetzen, die im Zuge der Coronakrise in den einzelnen Staaten verabschiedet wurden, ist das ungarische Notstandsgesetz mit Abstand das repressivste. Es ist unbefristet, das Parlament ist entmachtet, und nur die Regierung, nur Orban selbst, kann dieses Gesetz wieder aufheben. Ich denke, wir müssen diesen Weg, diesen Missbrauch der Pandemie sehr deutlich verurteilen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

 Es ist schon angesprochen worden: In den letzten Tagen sind in Ungarn diverse Menschen verhaftet worden. Sie haben zu Hause Besuch von der Polizei bekommen, weil sie angeblich gegen ein sogenanntes Fake-News-Gesetz, ein Fehlinformationsgesetz, verstoßen haben, indem sie auf Facebook irgendeine kritische Bemerkung gemacht haben, zum Beispiel der Kollege in der Stadt Gyula, der geschrieben hat, dass es ein Problem ist, dass sehr viele pflegebedürftige Menschen aus den Krankenhäusern entlassen worden sind, damit dort möglicherweise Menschen, die sich mit Corona infiziert haben, aufgenommen werden können. Dieser Umgang ist eindeutig inakzeptabel. Das will ich noch mal ganz klar sagen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und natürlich muss darauf reagiert werden.

Ich will aber sehr deutlich sagen: Es ist die Partei Orbans, die gemeinsam mit der CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Fraktion des Europäischen Parlaments sitzt.

(Zuruf von der LINKEN: So ist es!)

Und es waren die CDU/CSU und die EVP, die verhindert haben, dass im Europarat ein Monitoringverfahren gegen Ungarn eingeleitet wird. Das ist wirklich ein bisschen eine Doppelmoral. Es ist ein politisches Problem. Man muss sich von der Fidesz-Partei trennen und nicht nur darauf warten, dass es neue Sanktionsinstrumente gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber eins will ich auch sagen: Für die AfD, die hier sitzt und sich gegenwärtig in Deutschland als Grundrechtepartei aufspielt, ist ja Orban das Vorbild.

(Jan Korte (DIE LINKE): Genau! Richtig!)

Das ist wirklich eine unerträgliche Doppelmoral.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dort gilt das schlimmste Gesetz, und hier tun Sie so, als ob Sie eine Grundrechtepartei wären. Diese Doppelmoral ist unerträglich.

(Norbert Kleinwächter (AfD): Können Sie eigentlich nur in Stereotypen denken?)

Wir diskutieren hier über die Anträge von FDP und Grünen. Nach meiner Auffassung sind die Instrumente, die da vorgeschlagen worden sind, problematisch. Dass sie juristisch problematisch sind, sagt jedenfalls der Juristische Dienst des Europäischen Rates. Sie sind auch politisch problematisch. Deswegen können wir ihnen nicht zustimmen.

Ich begrüße, dass wenigstens im Antrag der FDP der Beitritt der EU zur EMRK, zur Europäischen Menschenrechtskonvention, gefordert wird. Ich bitte die Bundesregierung und Außenminister Heiko Maas – Sie haben im zweiten Halbjahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union und ab November den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarats –, sich dafür einzusetzen, dass wenigstens der Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention umgesetzt wird.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christian Petry (SPD))

Das wäre doch auch eine Aufgabe, der man sich jetzt stellen könnte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

 

Quelle: Plenarprotokoll 19/160 vom 14.05.2020

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko