Aktuell
In Frankreich werden am 12. und 19. Juni die Abgeordneten der nächsten Nationalversammlung gewählt. Erstmalig hat ein klar links geprägtes Bündnis die Chance, stärkste Kraft zu werden und den Premierminister zu stellen. Das französische Mehrheitswahlrecht macht es kleinen Parteien sehr schwer, überhaupt im Parlament repräsentiert zu werden. Nach dem starken Ergebnis von Jean-Luc Mélenchon bei der Präsidentschaftswahl im April, gelang es ihm und der linken La France Insoumise (FI) eine Allianz mit der Sozialistischen Partei, Europe Écologie-Les Verts, der Kommunistischen Partei (PCF) und anderen zu schmieden. Dadurch könnten die Hürden des Mehrheitswahlrechts überwunden werden.
Die „Neue ökologische und soziale Volksunion“ (NUPES) hat reale Chancen auf einen Wahlsieg. Doch wofür steht sie? Erste Meldungen in deutschen Medien beschrieben das Bündnis schnell als „anti-europäisch“ (gemeint ist: kritisch zur neoliberalen Verfasstheit der Europäischen Union). Weil die Wahl in Frankreich auch für die europapolitische Debatte von großer Bedeutung ist, habe ich den Sprachendienst des Bundestages um eine Übersetzung eines Teils des Wahlprogramms gebeten. An dieser Stelle dokumentiere ich den Text, in dem es um die Positionen zur EU, Europa und zu internationalen Fragen geht. So kann sich, wer will, selbst ein Bild machen.
Andrej Hunko, 7. Juni 2022
In diesen Tagen kann die britische Innenministerin darüber entscheiden, ob Julian Assange an die USA ausgeliefert wird, wo ihm 175 Jahre Gefängnis drohen - oder nicht. Sollte sie sich für die Auslieferung entscheiden gibt es für Assange's Anwälte noch Einspruchsmöglichkeiten. Am Ende entscheidet vermutlich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte des Europarates (EGMR) in Strasbourg.
Es ist deshalb wichtig, dass sowohl die Parlamentarische Versammlung des Europarates und zuletzt erneut auch seine Menschenrechtskomissarin Dunja Mihatovic sich deutlich gegen die Auslieferung ausgesprochen haben.
Dieser Prozess dauert allerdings Jahre, während Assange in der 6x2m kleinen Zelle im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London "einen Tod auf Raten" (Günter Wallraf) entgegen sieht. Es soll ein Exempel statuiert werden, weil er Kriegsverbrechen aufgedeckt hat.
In vielen Städten weltweit gibt es deshalb zur Zeit Mahnwachen und Aktionen für die Freilassung von Assange, so etwa in Brüssel, wo seine Frau Stella Assange im Rahmen eines Flashmobs eine bewegende Rede hielt. In meiner Heimatstadt Aachen gab es gestern anlässlich der Karlpreisverleihung am 26. Mai auch eine Aktion (11-14 Uhr Hof).
Rede von Andrej Hunko am 8. Mai 2022 auf der Kundgebung am Elisenbrunnen
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Aachenerinnen und Aachener, in den vergangenen Jahren standen viele von uns am 8. Mai hier und haben das Ende des 2. Weltkriegs gefeiert. Denn die Kapitulation des rassistischen Nazi-Regimes in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 war für den überwältigenden Teil der Menschheit eine Befreiung. Viele unserer europäischen Nachbarn, die Franzosen, die Tschechen, die Slowaken etwa, feiern das Ende des zweiten Weltkriegs am 8. Mai offiziell, die Niederlande am 5. Mai und Italien am 25. April. Russland feiert den 9. Mai, da die Kapitulation in Karlshorst bei Berlin in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 aufgrund der Zeitverschiebung in Moskau auf den 9. Mai fiel.
Lange wurde das hierzulande, in Westdeutschland, nicht so gesehen. Als unter Willy Brandt 1970 eine Bundesregierung erstmalig eine offizielle Regierungserklärung am 8. Mai abgab, protestierte die CDU/CSU Opposition: „Niederlagen feiert man nicht“. Erst 1985 sprach mit Richard von Weizsäcker ein Bundespräsident vom Tag der Befreiung. Heute ist der 8. Mai in einigen Bundesländern zumindest Gedenktag, in Mecklenburg-Vorpommern, in Brandenburg und in Schleswig-Holstein. Berlin erklärte den 75. Jahrestag 2020 einmalig zum Feiertag. Wir fordern, dass endlich in ganz Deutschland der 8. Mai gesetzlicher Feiertag wird!
Erklärung zur Abstimmung über den Antrag "Consequences of the Russian Federation's aggression against Ukraine" (Opinion 300) am 15. März 2022 in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates.
Am 15. März 2022 hat die parlamentarische Versammlung des Europarates auf einer Sondersitzung den Ausschluss der russischen Föderation beschlossen. Wenige Stunden vor der Abstimmung erklärte dann der russische Außenminister den Austritt. Damit endet eine Zeit, die mit der Rede von Gorbatschow im Juni 1989 begann, in der dieser die Perspektive eines ‚gemeinsamen europäischen Hauses‘ aufmachte. Russland trat 1996 dem Europarat bei und 2022 wieder aus.
Vor dem Hintergrund des völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen die Ukraine kritisierte ich, wie auch alle anderen Redner/innen, in der neunstündigen Debatte diesen Angriff. In meiner Rede appellierte ich außerdem an den Europarat, alles zu tun, um die russische Zivilgesellschaft und Anti-Kriegs-Bewegung zu unterstützen. Zusammen mit der spanisch-katalanischen Abgeordneten Laura Castel brachte ich eine ‚written declaration‘ zur Unterstützung der Friedens- und Anti-Kriegs-Bewegung ein. In der gesamten Debatte waren Stimmen, die vor einer weiteren Eskalation des Krieges warnten, leider selten.